Die frühkindliche Entwicklung, ihre Auswirkungen auf das Erwachsenenleben und auf die Gesellschaft insgesamt hat die wissenschaftliche Forschung in den vergangenen Jahren immer stärker beschäftigt und immer neue Wissenschaftszweige beteiligen sich.
Aus hunderten von Studien, die allein im vergangenen Jahr 2017 zu den unterschiedlichsten Aspekten der frühkindlichen Entwicklung erschienen sind, greift sich HuffPost hier neun Arbeiten mit interessanten Ergebnissen heraus und versucht, daraus die praktische Nutzanwendung für Eltern und ihre Erziehungsmethoden zu destillieren.
http://www.huffingtonpost.de/entry/studien-eltern-erziehung_de_5a9439e1e4b02cb368c456b1
Den steigenden Trend zu mehr medizinischen Eingriffen während der Geburt kritisiert jetzt die Weltgesundheitsorganisation WHO. In vielen Fällen seien Eingriffe überflüssig und könnten Mutter und Kind gefährden. Verlässliche Betreuung der Schwangeren wäre hilfreicher.
Die WHO wandte sich zum Beispiel gegen den immer häufigeren Einsatz von Wehenmitteln, wie Oxytocin.
"Wenn die Wehen sich normal entwickeln und Mutter und Kind bei guter Gesundheit sind, sind Interventionen, um die Geburt zu beschleunigen, nicht nötig", sagte Princess Nothemba Simelela, Leiterin der WHO-Abteilung Familien, Frauen, Kinder und Jugendliche.
www.deutschlandfunk.de/medizin-who-gibt-neue-richtlinien-fuer-geburten-heraus.2850.de.html
Babys können noch nicht sagen, was ihnen nicht passt. Sie schreien einfach. Das ist eine Binsenweisheit, die aber Eltern nicht weiter hilft, wenn das dauerhafte Schreien ihres Babys sie zur Verzweiflung treibt.Was in solchen Situationen getan werden kann, wollte WeLoveFamily, das österreichische Online-Familienportal, von dem Kinderarzt und Wissenschaftler Dr. Herbert Renz-Polster wissen.
Hier das Interview mit zahlreichen Tipps:
welovefamily.at/interview-mit-dr-renz-polster-das-passiert-wenn-du-dein-baby-schreien-laesst/
Während die Zahl der Hebammen und der Geburtshäuser weiter zurückgeht und die längst versprochenen politische Lösungen ausbleiben, setzt sich der Trend zur Zentralisierung der Geburtskliniken fort. Mit negativen Auswirkungen für das Wohlbefinden der werdenden Mütter., wie eine Studie jetzt wieder drastisch dokumentiert. Das sehr individuelle und intime Geburtserlebnis geht unter im medizinisch-technischen Betrieb von "Geburtsfabriken".
www.sueddeutsche.de/gesundheit/geburten-alleingelassen-in-der-grossen-klinik-1.3845943
Der politisch gewollte und mit gewaltigem medialen Überzeugungsdruck durchgesetzte Run auf die Krippe für 0-3 jähige wird begründet mit den überlegenen Bildungschancen in Krippen und Kitas. Unbestritten dabei ist die Notwendigkeit einer sicheren Bindung der Kleinen an verlässlich vorhandene Bindungspersonen. Diese Personen stehen aber in den weit überwiegenden Fällen nicht in ausreichender Zahl und ausreichender Verlässlichkeit zur Verfügung. Seit Jahren wird auf den Widerspruch zwischen behaupteten Bildungschancen und der Krippen-Realität hingewiesen, ohne dass der "Main-Stream" schon "der Einjährigen" in die Krippen auch nur ein wenig gebremst würde. Hier noch einmal in einem kurzen Interview mit der zuständigen Mitarbeiterin der Bertelsmann Stiftung die wesentlichen Tatsachen: www.taz.de/Debatte-um-Krippenpersonal/!5474201/
Die Flut von Elternberatungsliteratur und -medien und die immer neuen, modernen Erziehungsmoden verziert mit modischen Begriffen helfen den Eltern weniger als dass sie Verwirrung stiften. Der Kinderarzt, Wissenschaftler und Buchautor Herbert Renz-Polster fasst seine Kritik an diesen Mode-Erscheinungen in einem Rat an die Eltern zusammen: "Herausfinden, was einen als Eltern trägt. Dann hat man die Kraft, die ganzen Modelle Modelle sein zu lassen."
www.luzernerzeitung.ch/nachrichten/panorama/das-herz-hat-ein-ueberlaufventil;art9645,1177109
Es läuft etwas grundsätzlich falsch in unserer Gesellschaft. Hans-Joachim Maaz, 74, Psychotherpeut und ehemaliger Chefarzt einer psychosomatischen Klinik in Halle, beschreibt diese Entwicklung als "falsches Leben" und "Normopathie". Im Interview mit dem "Tagesspiegel" erläutert er, was er damit meint. Ein Aspekt ist die Warnung vor zu frühem Krippenbesuch. Maaz übersieht dabei aber auch nicht die Probleme für Kinder in prekären Familiensituationen und fordert Hilfe ein für die Eltern: "Es kann natürlich auch sein, dass die frustrierte Mutter oder ein autoritärer oder zu liberaler Vater schlecht fürs Kind sind. Eltern müssen lernen, Eltern zu sein. Es geht um Mütterlichkeit und Väterlichkeit."
Die Gefahr für Gesundheit und sogar Leben, wenn entnervte Eltern ihr Baby schütteln, ist erstaunlich wenig bekannt. Immer wieder kommt es zu Klinikeinweisungen für Babys und Kleinkinder mit der Diagnose "Schütteltrauma". Eine Kampagne der "Frühen Hilfen" soll das ändern:
https://www.fruehehilfen.de/index.php?id=1936
Prügel sind Kindesmisshandlung und daher verboten. Das ist weitgehend Konsens. Weit weniger bekannt und in die Erziehungspraxis als Erkenntnis einbezogen ist die paradox erscheinende Tatsache, dass solche Kindesmisshandlungen gewöhnlich genau das Gegenteil dessen bewirkt, was sie bewirken sollen. So auch neueste wissenschaftliche Forschungen.
www.spektrum.de/news/zuechtigung-bewirkt-das-gegenteil/1521501
"Kinder gedeihen durch die Spiegelung in den liebevollen Blicken ihrer Eltern". Zu-Wendung statt Ab-Wendung. Das gilt hier und überall. Nur im direkten (Blick-)Kontakt kann die Eltern-Kind-Bindung gelingen. In der Faszination mit den ständig wachsenden Möglichkeiten der digitalen Medien droht diese Beziehungs-Selbstverständlichkeit unterzugehen.
Mit dieser Botschaft wendet sich auch die Stiftung "Zu-Wendung für Kinder" an die Öffentlichkeit mit ihrer Buggy-Kampagne "Ich seh´Dich!".
Immer mehr Vorteile des Stillens für Mutter und Baby werden von der Forschung entdeckt. Viele dieser Wirkungen sind abhängig von der Dauer des Stillens. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt ausschließliches Stillen für sechs Monate oder darüber hinaus. Die hier vorgestellte Studie über den Zusammenhang von Stillen als Schutz vor dem "plötzlichen Kindstod" sieht diesen Gesundheitsvorteil schon bei nur zweimonatigem Stillen.
http://www.huffingtonpost.de/2017/11/02/stillen-studie-ploetzlicher-kindstod_n_18448154.html
Nur eine Fußnote, aber eine wichtige, in der Dauer-Diskussion um kindliche Mediennutzung: Durch das abendliche Surfen wird der Schlafrhythmus und das Gehirn von Kindern sehr viel stärker gestört als bei Erwachsenen.
http://www.scinexx.de/newsletter-wissen-aktuell-22053-2017-11-02.html
Eltern entwickeln oft einen unangemessenen Ehrgeiz stellvertretend für ihre Kinder. Stellvertretend oft auch für die eigenen verpassten Chancen und Sehnsüchte.
"Frühförderung bringt nichts“, so der Neurobiologe Prof. Dr. Ralph Dawirs. „Kinder brauchen keine Förderung, sondern ein vernünftiges Umfeld.“ Als Baby sind das zunächst einmal die Erfüllung ihrer Bedürfnisse, die Sicherheit, nicht allein gelassen zu werden und viel Körperkontakt.
Die Sprache, in der sich Mütter und Babys "unterhalten" folgt weltweit den gleichen Regeln. Egal in welcher Sprache und in welchem Erdteil: sobald eine Mutter sich an ihr Baby wendet, verändert sich iher Stimme und ihre Art zu sprechen in einer bestimmten Weise. Sie spricht in einer höheren Stimmlage, langsamer, mit längeren Pausen und einzelne Vokale überdeutlich betont. Dieser Baby-Talk wurde in jüngster Vergangenheit von verschiedenen Forscherteams in USA und Europa erforscht. In Deutschland zum Beispiel ein Team um die Heidelberger Säuglingsforscherin, Professor Ursula Horsch (hier - mit Tonaufzeichnungen deutscher und chiinesicher Mütter).
Hier der Bericht über eine aktuelle US-Studien von der Princeton-Universtät: www.spektrum.de/news/warum-alle-muetter-gleich-klingen/1511431