Beziehungsstreit - Foto iStock © Maria Symchych-NavrotskaNatürlich passierte es ausgerechnet am Wochenende, als der Hausarzt nicht verfügbar war. So kam es, dass ich mit meinem Kind in der Notaufnahme des nahen Spitals stand. Mit Verdacht auf Schlüsselbeinbruch. „Was ist denn passiert?“, so die unvermeidliche Frage des Arztes. „Ich habe mich mit meiner großen Schwester gestritten und sie hat mich mit einer DVD-Hülle verprügelt“, lautete die Antwort meines Sohnes. Dass er seine Schwester vorher provoziert und gereizt hatte, verschwieg er natürlich tunlichst.

Das Schlüsselbein war „nur“ stark geprellt und wir wurden mit einer kühlenden Salbe entlassen. Mein Mutter-Selbstwertgefühl war aber mindestens so geprellt wie das Schlüsselbein meines Kindes. Und so kam es, dass ich mir in nächster Zeit ein paar Gedanken machte, wie ich mit Konflikten meiner Kinder umgehen kann, damit ich nie wieder mit einem Kind nach einem Streit im Notfall vorsprechen muss.

In den nächsten Jahren habe ich gelernt, unser Miteinander so zu gestalten, dass gewisse Konfliktherde gar nicht erst entstehen.

Aber auch, dass Konflikte und Frustration einfach dazugehören zum Familienleben. Ganz wichtig geworden ist mir der Punkt, den Gordon Neufeld immer wieder lehrt. Dieser besagt, dass wir Konflikte nicht im Moment, wenn die Gemüter erhitzt sind, lösen müssen. In diesem Moment sollen wir uns viel mehr darum kümmern, dass Mensch und Mobiliar geschützt werden und sich die Gemüter abkühlen können. Zu einem späteren Zeitpunkt kann man dann in Ruhe nochmals darüber sprechen. Kinder sind in der Lage, sich einige Stunden oder auch Tage zurück zu erinnern! 😉 Es ist dann nicht zu spät, wie ich immer meinte! Im Gegenteil, oft sind dann schnell Lösungen gefunden und die Sache ist erledigt.

Ihre Angela Indermaur

Ein Beitrag aus unserer Kolumne:

Menschen(s)kinder


Uns beschäftigen aktuell öffentlich diskutierte Themen rund um den Erziehungsalltag genauso wie das gesunde Aufwachsen der Kinder und die notwendigen Bedingungen für die optimale Entwicklung ihrer je besonderen Persönlichkeit. In einer regelmäßig erscheinenden 14-tägigen Kolumne geht unsere Kolumnistin Angela Indermaur Fragen zur kindlichen Entwicklung, des Aufwachsens und Lernens nach. Was brauchen Kinder wirklich? Wo bleibt der Freiraum für spontanes Lernen und Selbsterkundung? Müssen Kinder ständig umsorgt, angeleitet und gefordert werden? Schadet Fürsorglichkeit und Geborgenheit unseren älteren Kindern? Welche Aufgabe haben heute Eltern? Wie gelingt der Aufbau einer intensiven Eltern-Kind-Bindung? Gibt man sein Frausein mit dem Muttersein auf und was ist mit den Vätern?