„Mama, kann wieder der Tom kommen und mir beim Spielen zusehen?“ fragte Alice.
Tom – ein besonderer Spielkamerad
Tom ist ein kleiner Plüschhund, der nur in Verbindung mit Mama sprechen kann. (Und sprechen kann Tom eben nur, weil es ja eigentlich die Mama ist, die spricht. Das wissen die Kinder natürlich, aber das macht nichts 😊) Und Tom schaut der Alice oftmals beim Malen oder Puzzeln zu. Manchmal auch draußen beim Schaukeln oder er sitzt mit am Sandkasten und schaut, wie Alice und ihr Bruder Sandburgen bauen.
Die Magie der gesprochenen Worte
Und weil Tom ja sprechen kann, kommentiert er laufend, was er sieht und wie toll er das findet: „Du malst gerade einen Bauernhof mit ganz vielen Kühen. Wie schön du malen kannst! Und wie tolle Farben du wählst, das wird so wunderbar bunt.“ oder „Alice, du hast in den letzten Wochen gelernt, dir selbst Anschwung beim Schaukeln zu geben. Nun kommst du schon so hoch hinaus, das fühlt sich bestimmt toll an, da oben!“
Manchmal erscheint Tom auch im Badezimmer und bestaunt die schönen Zöpfe von Alice, oder er erklärt, wie toll er es findet, dass Alice ihrem kleinen Bruder hilft …
Alice mag Tom und sie mag es, wenn Tom sieht und erzählt, was Alice alles so macht und was sie schon kann.
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Diese Story erzählte mir mit einem Augenzwinkern eine Mama in der Beratung. Alice mag es gar nicht, wenn die Eltern solche Dinge sagen, wie Tom es tut. Es ist ihr offensichtlich unangenehm. Aber wenn Tom das macht, dann kann sie es richtig genießen.
Die Bedeutung von Bindung und Wertschätzung
Das, was Tom hier macht, ist im Grunde genommen nichts anderes, als die vierte Bindungswurzel, jene der Wertschätzung nähren. Er benennt, wer Alice ist und was sie macht und kann. Aus irgendeinem Grund ist es für Alice (im Moment) in Echtzeit geradezu verletzlich, dies zuzulassen. Aber weil Tom ja „nicht echt“, sondern „nur Spiel“ ist, ist es so voll okay für sie, und es ist offensichtlich trotzdem nährend.
Bindungsnahrung für sensible Kinder
Bespielen können wir nicht nur die vierte Bindungswurzel, sondern natürlich alle sechs Bindungsstufen von denen Gordon Neufeld spricht, wenn es um die Stufen der Bindung geht. Und gerade bei sehr sensiblen Kindern, die zugleich auch sehr verletzlich sind, ist das ein wunderbarer Weg, ihren Bindungshunger zu stillen.
Na, wohnt bei Ihnen auch so ein sprechendes Stofftier?
Ihre Angela Indermaur
Ein Beitrag aus unserer Kolumne:
Menschen(s)kinder
Uns beschäftigen aktuell öffentlich diskutierte Themen rund um den Erziehungsalltag genauso wie das gesunde Aufwachsen der Kinder und die notwendigen Bedingungen für die optimale Entwicklung ihrer je besonderen Persönlichkeit. In unserer Kolumne geht die zert. Neufeld-Kursleiterin Angela Indermaur Fragen zur kindlichen Entwicklung, des Aufwachsens und Lernens nach. Was brauchen Kinder wirklich? Wo bleibt der Freiraum für spontanes Lernen und Selbsterkundung? Müssen Kinder ständig umsorgt, angeleitet und gefordert werden? Schadet Fürsorglichkeit und Geborgenheit unseren älteren Kindern? Welche Aufgabe haben heute Eltern? Wie gelingt der Aufbau einer intensiven Eltern-Kind-Bindung? Gibt man sein Frausein mit dem Muttersein auf und was ist mit den Vätern?