Chillen mit Kindern - Foto iStock © Andrzej BurakEs war vor 2 Jahren am Ranuajärvi in Finnisch Lappland, wo mir bewusst wurde, dass sich etwas grundlegend verändert hatte: Endlich war es möglich, die Ferientage „gechillt“ anzugehen. Einfach in den Tag hineinleben, spontane Ideen umsetzen und sich etwas treiben lassen … herrlich! Davon hatte ich viele Jahre lang geträumt.

Ich kann mich gut erinnern an die Zeiten, wo es manchmal schon beim Abendessen hieß „was machen wir morgen???“

Besonders bei einem Kind und mir prallten hier zwei Welten aufeinander. Während ich möglichst in den Tag hineinleben wollte, machte „sie“ das nervös. Sie wollte wissen, was auf sie zukommt und vor allem wollte sie sicher sein, dass wir einen Plan haben. Wenn wir Eltern nicht führten, übernahm sie die Führung, oder versuchte es zumindest. Konflikte und schlechte Laune waren somit vorprogrammiert. Ich empfand Familienferien zunehmend als anstrengend und wenig erholsam.

Irgendwann begann ich zu verstehen: Mein Kind hat einen starken Alphainstinkt. Wenn sie einer Situation ausgesetzt ist, wo sie das Gefühl hat, dass niemand die Führung übernimmt oder einen Plan hat, erwacht dieser Alphainstinkt und sie übernimmt die Führung. Was ja eigentlich eine gute Eigenschaft ist. Nur nicht gerade in den Familienferien … 😉

Nun versuchten wir es mit einem Kompromiss: Wir erklärten den Kindern, dass wir jeweils um 11 Uhr zusammensitzen und entscheiden würden, was wir an diesem Tag machen.

So hatte ich etwas Freiraum und wurde nicht schon im Halbschlaf mit der Frage: „Was machen wir heute?“ gelöchert. Und unser Kind wusste, die Eltern überlegen sich etwas, sie übernehmen die Führung.

Dieser Kompromiss funktionierte oft und brachte auf jeden Fall viel Entspannung in unsere Ferientage. Trotzdem genieße ich heute die „gechillten“ Ferien mit unseren Jugendlichen. 😊

Ihre Angela Indermaur

Ein Beitrag aus unserer Kolumne:

Menschen(s)kinder


Uns beschäftigen aktuell öffentlich diskutierte Themen rund um den Erziehungsalltag genauso wie das gesunde Aufwachsen der Kinder und die notwendigen Bedingungen für die optimale Entwicklung ihrer je besonderen Persönlichkeit. In einer regelmäßig erscheinenden 14-tägigen Kolumne geht unsere Kolumnistin Angela Indermaur Fragen zur kindlichen Entwicklung, des Aufwachsens und Lernens nach. Was brauchen Kinder wirklich? Wo bleibt der Freiraum für spontanes Lernen und Selbsterkundung? Müssen Kinder ständig umsorgt, angeleitet und gefordert werden? Schadet Fürsorglichkeit und Geborgenheit unseren älteren Kindern? Welche Aufgabe haben heute Eltern? Wie gelingt der Aufbau einer intensiven Eltern-Kind-Bindung? Gibt man sein Frausein mit dem Muttersein auf und was ist mit den Vätern?