Die Magie von Stofftieren - Foto © FatCamera

Bei uns lebte viele Jahre lang Nik, der Igel – ein „sprechender“ Igel. (Er kann nur sprechen, wenn die Mama da ist, denn natürlich spricht eigentlich die Mama 😉)

Nik setzte sich wieder einmal an den Bettrand und fragte voller Spannung, ob er denn morgen „Bibeburtstag“ habe. Das Kind, welches vor wenigen Minuten noch sehr missmutig zu Bett gegangen war, musste lachen und erklärte Nik mit einer Engelsgeduld (er fragte etwa jeden zweiten Abend, ob denn morgen sein Geburtstag sei), dass er nur einmal im Jahr Geburtstag habe und dass das nicht morgen sei.

Der Gesprächseinstieg war geschafft, Nik stellte mit seiner drolligen Art noch einige weitere Fragen und das Kind wurde mit jeder Frage gesprächiger.

Das Spiel als Tür zum Herzen

Vor einer Stunde am Tisch war es noch nicht möglich, mit meinem Kind über den erlebten Frust und den damit verbundenen Gefühlen zu sprechen. Doch nun, in der Blase des Spiels, ging es plötzlich wie von selbst. Es konnte sich öffnen und erzählen, was passiert war.

Und als Nik total empathisch reagierte und ganz traurig wurde, konnte es auch seine Trauer über die Situation zulassen.

In Vertrautheit sich öffnen

Die sechste und tiefste Bindungswurzel der Vertrautheit* erleben wir als Eltern nicht so oft, denn sie ist sehr verletzlich. Trotzdem ist es wunderschön, wertvoll und wichtig, dass Kinder sich tief an uns binden und uns ihr Herz öffnen.

Doch genau dieses „Herz öffnen“ ist nicht immer einfach und mit hoher Verletzlichkeit gekoppelt. Was in „echt“ manchmal gerade nicht geht, geht einfacher in der „Blase des Spiels“.

Ein Stofftier als spielerische Gesprächsbrücke

Nik war für uns über eine lange Zeit hinweg eine spielerische Gesprächsbrücke. Unser Kind wusste genau, dass es im Grunde genommen mit mir spricht. Aber weil Nik es immer wieder schaffte, allen zuerst ein Lachen zu entlocken, entstand eine gewisse Leichtigkeit, die es dann eben möglich machte, über die schweren Dinge zu sprechen und zu trauern.

Tja, Nik war einfach ein ganz besonderes Igelchen …

Bevor nun alle Eltern die Spielzeuggeschäfte stürmen und sich Plüschigel besorgen, sei hier noch folgendes gesagt: Ja, sprechende Stofftiere sind eine wunderbare Sache. Aber als Eltern müssen wir uns damit wohlfühlen. Vielleicht ist es auch Ihre Art und vielleicht auch nicht. Dann werden Sie einen anderen Weg finden, Ihr Kind spielerisch einzuladen, sein Herz zu öffnen.

Ihre Angela Indermaur

* Der Psychologe Gordon Neufeld spricht von sechs Bindungsarten, wenn es darum geht, ein Verständnis der Bindungsdynamik zu finden.

Ein Beitrag aus unserer Kolumne:

Menschen(s)kinder


Uns beschäftigen aktuell öffentlich diskutierte Themen rund um den Erziehungsalltag genauso wie das gesunde Aufwachsen der Kinder und die notwendigen Bedingungen für die optimale Entwicklung ihrer je besonderen Persönlichkeit. In unserer Kolumne geht die zert. Neufeld-Kursleiterin Angela Indermaur Fragen zur kindlichen Entwicklung, des Aufwachsens und Lernens nach. Was brauchen Kinder wirklich? Wo bleibt der Freiraum für spontanes Lernen und Selbsterkundung? Müssen Kinder ständig umsorgt, angeleitet und gefordert werden? Schadet Fürsorglichkeit und Geborgenheit unseren älteren Kindern? Welche Aufgabe haben heute Eltern? Wie gelingt der Aufbau einer intensiven Eltern-Kind-Bindung? Gibt man sein Frausein mit dem Muttersein auf und was ist mit den Vätern?