Die Zahnputzfee - Foto iStock © nastya_phAllabendliches Drama im Badezimmer, müde Kinder, Eltern, die mit den Nerven langsam, aber sicher am Ende sind und eine Zahnbürste, die immer noch trocken ist … Wer kennt sie nicht, die Diskussionen um das Zähneputzen? Dabei kommt es gar nicht so sehr auf das Alter der Kinder an. Vom Kleinkind bis zum Teenager gibt es Kinder, die sich (phasenweise) gegen den Unsinn (aus ihrer Sicht) des Zähneputzens wehren. Ich habe mich gefragt, was es damit wohl auf sich hat. Warum ist genau das Zähneputzen in so vielen Familien ein Problem?

Zähne putzen nicht vergessen – jeden Tag, nach jedem Essen …

Ich glaube, es hat verschiedene Gründe:

Mit der Zahnbürste dringen wir sozusagen in den Körper des Kindes ein. Dass das als nicht angenehm empfunden wird, ist aus meiner Sicht nachvollziehbar.  

Wenn ich ehrlich bin, mag ich es ja auch nicht, wenn jemand (der Zahnarzt) mit Werkzeug in meinem Mund herumfummelt. Dieses Problem löst sich, wenn das Kind älter wird und selber die Kontrolle über die Zahnbürste übernehmen kann.

Für ein Kleinkind erschliesst sich schlicht kein Sinn aus dieser Tätigkeit. Dies selbst, wenn sie in einem Moment die Geschichten von Baktus und Co. verstehen. Im Moment wo es zur Sache geht, ist es blöd und die Logik ist gerade nicht verfügbar.

Dass die Zähne geputzt werden, ist unser Bedürfnis als Eltern und nicht das Bedürfnis des Kindes. Und das ist wohl noch relativ lange so …

Wenn wir diese Gedanken im Hinterkopf haben, fällt es uns leichter auch Lösungswege für den allabendlichen Kampf zu finden.

Aus meiner Sicht gibt es verschiedene Ansätze, die aber alle zusammenhängen:

Bindung: Eine sichere und tiefe Bindung schafft die Voraussetzung dafür, dass ein Kind uns folgen möchte.

♥   Nach dem ersten Geburtstag beispielsweise entwickelt sich die Bindungswurzel der Gleichheit: das ist der optimale Zeitpunkt, um sich selber die Zähne zu putzen und darauf zu setzen, dass das Kind dasselbe tun will.

♥   Zwischen 2 und 3 Jahren geht es um Zugehörigkeit und Loyalität: „Komm wir putzen alle nach dem Essen die Zähne, unsere Family macht das so.“, könnte es dann heißen. Die Chancen stehen gut, dass wir in diesem Zeitfenster ein gutes Zahnputz-Fundament bilden können.

Emotionen: Es ist absolut frustrierend, wenn man Dinge tun muss, die man nicht will. Das ist eine traurige Sache. Wenn wir unsere Kinder durch diesen Frust und die Trauer hindurch begleiten, werden sie erleben, dass sie das tatsächlich überleben können! Wichtig ist, dass wir uns nicht zum Gegner machen, sondern „auf der Seite des Kindes bleiben“. Gleichzeitig die Vergeblichkeit präsentieren (es gibt keinen anderen Weg, die Zähne müssen geputzt werden) und Tröster sein (Ich weiß, dass ist frustrierend und traurig, komm ich nehme dich in den Arm) ist hier die Kunst.

Reifwerdung: Die Kinder werden älter und reifer und werden irgendwann den Sinn des Zähneputzens verstehen, bzw. die Konsequenzen von nicht geputzten Zähnen abschätzen können. Bis dahin:

Spiel: Spiel ist eine wunderbare Hintertür um zu überbrücken, bis das Kind gereift ist. Sei es das „Zahnputzlied“, die sprechende Zahnbürste oder der zähneputzende Drache (Handpuppe), der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.

Und zu guter Letzt: Wenn es hart auf hart kommt, dürfen wir als Eltern auch mal großzügig sein, und ausnahmsweise mit einer kleinen Belohnung arbeiten. Lieber eine (pädagogisch nicht so wertvolle) Belohnung, als Eltern, die die Nerven verlieren, finde ich … 😉

Ihre Angela Indermaur

Ein Beitrag aus unserer Kolumne:

Menschen(s)kinder


Uns beschäftigen aktuell öffentlich diskutierte Themen rund um den Erziehungsalltag genauso wie das gesunde Aufwachsen der Kinder und die notwendigen Bedingungen für die optimale Entwicklung ihrer je besonderen Persönlichkeit. In einer regelmäßig erscheinenden 14-tägigen Kolumne geht unsere Kolumnistin Angela Indermaur Fragen zur kindlichen Entwicklung, des Aufwachsens und Lernens nach. Was brauchen Kinder wirklich? Wo bleibt der Freiraum für spontanes Lernen und Selbsterkundung? Müssen Kinder ständig umsorgt, angeleitet und gefordert werden? Schadet Fürsorglichkeit und Geborgenheit unseren älteren Kindern? Welche Aufgabe haben heute Eltern? Wie gelingt der Aufbau einer intensiven Eltern-Kind-Bindung? Gibt man sein Frausein mit dem Muttersein auf und was ist mit den Vätern?