Eifersucht - Foto iStock © sandsun

Da stand der kleine Knirps bei mir im Gang und verkündete lautstark, dass er und seine Mama nun bei mir zuhause sind.

„Uns sind zu dir gekommen.“

Ich musste mir das Lachen ganz schön verkneifen, ob dieser drolligen Verwechslung von „Wir“ und „Uns“.

Typisch für sein Alter: Mit knapp drei Jahren war dieses „uns“ sehr, sehr wichtig für ihn. Zwischen dem zweiten und dritten Geburtstag entwickeln viele Kinder das Gefühl für Zugehörigkeit und Besitz. Es ist ihnen sehr wichtig zu wissen, zu wem sie gehören und eben auch, was ihnen gehört. Und so hatte mein Patenkind erkannt, dass er zu seiner Mama gehört, bzw. sie zu ihm.

Das mit dem Besitz ist in diesem Alter oft ein schwieriges Thema. Das Kind entdeckt gerade, das etwas „ihm gehören“ kann und gleichzeitig wird es nicht selten immer wieder zum Teilen aufgefordert. In vielen Familien steigert sich diese Herausforderung durch die Geburt eines jüngeren Geschwisters.

Das Kind fühlt sich sehr zugehörig zur Mama, und nicht selten betrachten 2- bis 3-Jährige ihre Mama eben auch als ihren Besitz.

Und just in dieser Phase kommt da so ein kleines Wesen an, das unausgesprochen den gleichen Anspruch erhebt. Und die Mama, derer ungeteilten Aufmerksamkeit das Kind sich bis jetzt sicher sein konnte, ist nun plötzlich ständig beschäftigt mit dem neuen Baby. Was für ein Frust!  – Natürlich kann das alles genau so auf die Papas angewendet werden.

Und genau dieser Frust ist die Wurzel dessen, was wir „Eifersucht“ nennen. Man könnte auch sagen, das Kind versteht die Welt nicht mehr. Es hat gerade einen wichtigen Schritt gemacht und fühlt sich nun durch Zugehörigkeit und Besitz seinen Eltern nahe und verbunden. Und nun wird genau dieser Punkt durch ein Baby „angetriggert“. Das ist frustrierend! Und so gesehen ist es durchaus nachvollziehbar, dass sich dieser Frust dann ganz oft gegen das Baby richtet. Denn aus Sicht des Kindes wäre ohne das Baby ja alles gut.

Verstärkt wird das ganze natürlich durch das „Schwarz-Weiß-Denken“ eines Kleinkindes. Es hat ja noch keine gemischten Gefühle und somit auch keine Vorstellung davon, dass Mamas und Papas zwei (oder mehr) Kinder gleichzeitig lieben und versorgen können. Oder dass das Baby dereinst ein toller Spielgefährte werden könnte. Zum Glück heißt das aber nicht, dass das Kleinkind das Baby nicht auch ins Herz schließen kann. Kleinkinder können sehr zärtlich sein und große Freude am Baby zeigen – und im nächsten Moment, wenn die Mama wieder „geteilt“ werden muss, kann der Frust überschwappen und sich die Frustrationsenergie auf das eben noch geliebte Baby richten.

Wir sehen dann hoffentlich nicht ein „böses“ Kleinkind vor uns, sondern ein Kleinkind in großer (Bindungs-)Not. Denn diese Sicht wird unser Handeln bestimmen.

Ihre Angela Indermaur

Ein Beitrag aus unserer Kolumne:

Menschen(s)kinder


Uns beschäftigen aktuell öffentlich diskutierte Themen rund um den Erziehungsalltag genauso wie das gesunde Aufwachsen der Kinder und die notwendigen Bedingungen für die optimale Entwicklung ihrer je besonderen Persönlichkeit. In unserer Kolumne geht die zert. Neufeld-Kursleiterin Angela Indermaur Fragen zur kindlichen Entwicklung, des Aufwachsens und Lernens nach. Was brauchen Kinder wirklich? Wo bleibt der Freiraum für spontanes Lernen und Selbsterkundung? Müssen Kinder ständig umsorgt, angeleitet und gefordert werden? Schadet Fürsorglichkeit und Geborgenheit unseren älteren Kindern? Welche Aufgabe haben heute Eltern? Wie gelingt der Aufbau einer intensiven Eltern-Kind-Bindung? Gibt man sein Frausein mit dem Muttersein auf und was ist mit den Vätern?