Hörspiele & Co – die Dosierung macht`s - Foto iStock © H-Gall

Wenn wir über Regulation oder Dämpfen der Gefühle via Fernsehen sprechen, müssen wir natürlich auch über andere Medien sprechen. Noch viel öfter als es beim Fernseher der Fall ist, regulieren sich unsere Kinder mittels Hörspiele per CD-Player, Tonie-Figuren und ähnlichem.

Grundsätzlich gilt hier meiner Meinung nach das gleiche: Kinder sollten eine breite Palette an Möglichkeiten zur Regulierung mit auf den Weg bekommen.

Und doch ist das mit den Hörspielen noch ein bisschen etwas anderes.

Bis vor kurzem war die Auswahl der Hörspiele in den Kinderzimmern Deutschlands und der Schweiz wohl ziemlich begrenzt. Wer mag sich nicht selbst an die Kassetten-Sammlung aus unserer Kindheit erinnern? Zu Weihnachten und Geburtstag und ab und zu zwischendurch gab es eine neue Kassette von Benjamin Blümchen, Pumuckl & Co und diese wurde so lange gespielt, bis wir die Geschichten auswendig kannten. Oder bis das Kassettenband sich verhedderte und die Mama danach einen Nachmittag lang damit beschäftigt war, das Ding zu retten. 😉

Ich kann auf jeden Fall noch diverse Passagen von meinen Kindheits-Helden auswendig: „Geburtstag hab ich heut`, und alle, alle kommen, alle alle kommen! Trofföööö“, posaunte Benjamin schon vor 35 Jahren durch die Kinderzimmer.

Und genau darin liegt ein Schatz verborgen: Wenn aufgewühlte oder überdrehte Kinder ein bekanntes Hörspiel hören, löst das ein Gefühl von Geborgenheit, aber auch von „Kontrolle“ aus. Ich weiß ganz genau was jetzt kommt, erschrecke nicht, wenn Benjamin gleich bei Otto ins Büro platzt und die Tür mit lautem Getöse zersplittert.

Und dafür braucht es nicht einmal die guten alten Kassetten. Nein, selbst wenn die Kids ihre Hörspiele über Spotify hören, lässt sich die Auswahl der Hörspiele einschränken. Kinder, vor allem Kinder unter sieben Jahren, brauchen nicht täglich und auch nicht wöchentlich neue Hörspiele, im Gegenteil, die Wiederholungen sind aus oben genannten Gründen sogar wichtig und wertvoll.

Hör- oder Bildschirmmedien oder Bilderbuch vorlesen?

Hörspiele & Co – die Dosierung macht`s - Foto iStock © LumiNolaDas bedeutet jetzt nicht, dass Hörspiele das Regulierungsmittel der Wahl sind, doch sie sind, wenn ihre Auswahl begrenzt ist, auf jeden Fall geeigneter als das Fernsehen.

Und es bedeutet auch nicht, dass neue Geschichten und Hörspiele schlecht wären. Doch wir sollten uns bewusst sein, dass neue Geschichten auch immer einen gewissen Alarm beinhalten und diesen Alarm sollten wir etwas dosieren. So ist eine neues Hörspiel nicht als Betthupferl geeignet und für ein überdrehtes Kind eine neue Geschichte nicht das richtige. Und noch besser als eine altbekannte Geschichte, wäre eine vorgelesene (altbekannte) Geschichte. Aber das tun wir ja, nicht immer aber immer öfter. 😉

Ihre Angela Indermaur

Ein Beitrag aus unserer Kolumne:

Menschen(s)kinder


Uns beschäftigen aktuell öffentlich diskutierte Themen rund um den Erziehungsalltag genauso wie das gesunde Aufwachsen der Kinder und die notwendigen Bedingungen für die optimale Entwicklung ihrer je besonderen Persönlichkeit. In einer regelmäßig erscheinenden 14-tägigen Kolumne geht unsere Kolumnistin Angela Indermaur Fragen zur kindlichen Entwicklung, des Aufwachsens und Lernens nach. Was brauchen Kinder wirklich? Wo bleibt der Freiraum für spontanes Lernen und Selbsterkundung? Müssen Kinder ständig umsorgt, angeleitet und gefordert werden? Schadet Fürsorglichkeit und Geborgenheit unseren älteren Kindern? Welche Aufgabe haben heute Eltern? Wie gelingt der Aufbau einer intensiven Eltern-Kind-Bindung? Gibt man sein Frausein mit dem Muttersein auf und was ist mit den Vätern?