Ich hab nix gemacht - Foto unsplash © jordan-whitt„Ein aggressives Kind ist immer auch ein frustriertes Kind“, Gordon Neufeld.

So einfach dieser Satz klingt, so sehr ist er doch auch eine Navigationshilfe, wenn es darum geht zu verstehen, warum unser Kind gerade einen Ausbruch von Aggression hat.

Die Frustration, die dahintersteckt, kann von ganz verschiedenen Dingen herkommen, weitaus am meisten hat sie aber mit der Bindung zu tun.

So war es auch in jenem Fall, als die Mutter ihren Sohn im Nachbarsgarten entdeckte und davon ausging, dass er dort Blödsinn macht. Sie ging in der Haltung zu ihm, ihn zurechtweisen zu müssen, und war völlig überrascht, dass er praktisch noch im gleichen Moment ausflippte, schrie und um sich schlug.

Später fand sie heraus, dass er gar nichts angestellt hatte, sondern aus einem anderen Grund da „in der Klemme saß“. Ein Kind das „in der Klemme sitzt“ braucht in erster Linie Hilfe. Wenn es in dieser Situation die Anklage in der Haltung der Mutter spürt, ist das frustrierend.

Meine Frage: „Wie wäre es wohl gewesen, wenn das Kind dich kommen sehen hätte und intuitiv gewusst hätte, jetzt kommt Mama und hilft mir und alles wird gut!?“ löste ziemlich viel aus bei den Eltern.

Ihnen wurde bewusst, dass ihr Kind sie wohl oft als Gegner wahrnimmt. Es hat sehr oft nicht das Gefühl „Mama und Papa sind auf meiner Seite und stehen zu mir, egal was passiert“.

Wenn wir unseren Kindern vermitteln, dass wir auf ihrer Seite stehen und nicht ihre Gegner sind, schafft das den Boden für ganz viel Vertrauen und Ruhe in der „Bindungsarbeit“.

Das heißt noch lange nicht, dass wir alles gutheißen müssen, was unsere Sprösslinge so tun. Aber die Botschaft von bedingungsloser Liebe und Annahme schwingt mit. Und auf dieser Basis kann und sollte man durchaus auch Dinge ansprechen, die nicht okay waren. Das Gespräch findet dann auf einer anderen Ebene statt und ich bin mir sicher, dass es für beide Seiten dann auch echt gewinnbringend ist.

Just do it! Ihre Angela Indermaur

Ein Beitrag aus unserer Kolumne:

Menschen(s)kinder


Uns beschäftigen aktuell öffentlich diskutierte Themen rund um den Erziehungsalltag genauso wie das gesunde Aufwachsen der Kinder und die notwendigen Bedingungen für die optimale Entwicklung ihrer je besonderen Persönlichkeit. In einer regelmäßig erscheinenden 14-tägigen Kolumne geht unsere Kolumnistin Angela Indermaur Fragen zur kindlichen Entwicklung, des Aufwachsens und Lernens nach. Was brauchen Kinder wirklich? Wo bleibt der Freiraum für spontanes Lernen und Selbsterkundung? Müssen Kinder ständig umsorgt, angeleitet und gefordert werden? Schadet Fürsorglichkeit und Geborgenheit unseren älteren Kindern? Welche Aufgabe haben heute Eltern? Wie gelingt der Aufbau einer intensiven Eltern-Kind-Bindung? Gibt man sein Frausein mit dem Muttersein auf und was ist mit den Vätern?