Die Magie des Dankes - Foto iStock © hakase_

„Nun sag der Tante noch schön Danke.“ Wer von uns kennt diesen Satz nicht aus der eigenen Kindheit … Ich war ein Teenager, als ich miterlebte, wie ein Kind in meinem Umfeld massiv unter Druck gesetzt wurde: „Entweder du sagst jetzt Danke, oder wir geben das Geschenk zurück“. Ich sah, wie das schüchterne Kind mit sich rang und dann bitterlich weinte, als die Eltern die Drohung in die Tat umsetzten. Und da entschied ich mich, das werde ich nie machen.

Einige Jahre später wiederholte sich die Situation, diesmal war ich aber in der Rolle der schenkenden Person. Das beschenkte Kind packte das Päckchen aus, strahlte über das ganze Gesicht und fing sofort an mit dem Geschenk zu spielen. Bis hierhin wäre die Geschichte für mich stimmig gewesen.

Das Strahlen und die Begeisterung, die ich dem Kind ablesen konnte, waren mir definitiv „Dank“ genug.

Leider ging auch da die Mutter dazwischen und forderte ihr Kind auf, sich zu bedanken. Geistesgegenwärtig sagte ich zur Mutter, das Kind habe sich schon bedankt. (Hat es mit seiner Reaktion in meinen Augen auch.) Denn Dankbarkeit drückt sich meiner Meinung nach nicht nur mit dem einen Wort aus. Und ein Strahlen auf dem Kindergesicht ist mir viel mehr wert als ein erzwungenes Wort aus dem Kindermund.

Wieder ein paar Jahre später fand ich mich in der Mutterrolle wieder und musste mich damit auseinandersetzen, wie ich denn jetzt solche Situationen mit meinem Kind handeln möchte.

Zugegeben, meine Kinder machten es mir leicht, indem sie uns sehr früh einfach nachahmten und Danke sagten, weil wir es auch taten. Und wenn es mal im Eifer der Begeisterung vergessen ging, flüsterte ich meinem Kind ins Ohr: „Hast du dem Götti schon Danke gesagt?“ Und damit war das Thema erledigt.

Von einem meiner Patenkinder bekam ich regelmäßig nach Weihnachten oder dem Geburtstag eine Zeichnung mit einem Danke drauf, per Post. Lange Zeit fiel es ihr leichter, sich auf diese Weise zu bedanken. Irgendwann wurde sie groß und ich kann mich gut erinnern, wie sie mir, angesichts eines von mir für sie gebastelten Adventskalenders, um den Hals fiel und rief „Danke Gotti!“ Auch sie hat es offenbar irgendwann gelernt. 😉

Lassen wir unseren Kindern doch die Zeit, die sie brauchen, auch in diesem Thema. Bis dahin können wir Vorbilder sein, sie zum Danke sagen ermutigen und auch kreative Wege finden, wie man sich ohne Worte bedanken kann.

Und als Paten, Onkels und Großmütter freuen wir uns doch sowieso am meisten über strahlende Kinderaugen, oder?

Ihre Angela Indermaur

Ein Beitrag aus unserer Kolumne:

Menschen(s)kinder


Uns beschäftigen aktuell öffentlich diskutierte Themen rund um den Erziehungsalltag genauso wie das gesunde Aufwachsen der Kinder und die notwendigen Bedingungen für die optimale Entwicklung ihrer je besonderen Persönlichkeit. In einer regelmäßig erscheinenden 14-tägigen Kolumne geht unsere Kolumnistin Angela Indermaur Fragen zur kindlichen Entwicklung, des Aufwachsens und Lernens nach. Was brauchen Kinder wirklich? Wo bleibt der Freiraum für spontanes Lernen und Selbsterkundung? Müssen Kinder ständig umsorgt, angeleitet und gefordert werden? Schadet Fürsorglichkeit und Geborgenheit unseren älteren Kindern? Welche Aufgabe haben heute Eltern? Wie gelingt der Aufbau einer intensiven Eltern-Kind-Bindung? Gibt man sein Frausein mit dem Muttersein auf und was ist mit den Vätern?