Perspektive - Foto iStock © SolStock„Mama ich habe noch Durst!“, „Mama ich muss nochmal Pippi“, … Kennen Sie es auch, dieses mühsame Herauszögern der Schlafenszeit? Als Eltern ist man müde vom Tag, hat den Nachwuchs zu Bett gebracht, Gute Nacht-Geschichte und Schlaflied inklusive. Und trotzdem will einfach keine Ruhe einkehren …

Vor einigen Jahren hat uns dieses Verhalten eines unserer Kinder an den Rand der Verzweiflung getrieben. Und wir haben alles versucht, um unser Kind dazu zu bringen, in seinem Zimmer zu bleiben und zu SCHLAFEN.

Nur eines haben wir außer Acht gelassen: Wir haben das Kind nie nach seinem Problem gefragt und wir haben uns selber nicht überlegt, ob hinter diesem für uns mühsamen Verhalten, mehr stecken könnte.

Die Lösung des Problems lieferte die Omi des Kindes. Als es an einem Wochenende bei den Großeltern übernachten durfte, fragte ich anschließend meine Mama, wie sie dass erlebt und gelöst habe mit dem Einschlafen. Sie sagte: „Ach, die Kleine wollte nicht alleine sein, also hab‘ ich mich zu ihr gelegt, und da schlief sie innert wenigen Minuten ein.“

Fortan hielten wir es so, dass unser Kind, wenn es nicht allein im Bett sein wollte, sich einfach noch eine Weile zu uns ins Wohnzimmer gesellen durfte. Interessanterweise hat sie sehr wenig Gebrauch von diesem Angebot gemacht. Einige Jahre später formulierte sie es so: „Weißt du Mama, das Wissen, dass ich zu euch kommen darf, wenn ich es möchte, hat mich so sehr beruhigt, dass ich einschlafen konnte. Vorher, dieses Gefühl von ‚ich darf jetzt nicht mehr raus‘, das war unerträglich. Da nahm ich lieber euer Schimpfen in Kauf, als allein im Bett zu bleiben.“

„Ein Verständnis von Bindung ist der allerwichtigst Faktor, um Kinder von innen heraus zu verstehen“, Gordon Neufeld.

Damit hat sie formuliert, was für viele Kinder ein großes Problem ist. Die Nacht ist eine Trennungserfahrung und deshalb oftmals unerträglich und alarmierend. Nähe und Verbindung herstellen ist dann das größte Bedürfnis. An Schlaf ist in so einem alarmierten Zustand sowieso nicht zu denken.

Manchmal ist das Angebot für Nähe die Lösung. Heute weiß ich aber auch, wie wichtig es ist, den Schwerpunkt auf die Verbindung zu legen, statt auf die Trennung.

„Ich komme nochmals vorbei und gebe dir ein Küsschen, wenn ich ins Bett gehe.“, „Ich träume dann von dir in der Nacht.“ oder „Ich lass ein paar Küsschen hier in deinem Kissen.“ So oder ähnlich könnte das klingen …

Oder man könnte einen „Pyjamastern“ nähen … Mehr dazu beim nächsten Mal!

Ihre Angela Indermaur

Ein Beitrag aus unserer Kolumne:

Menschen(s)kinder


Uns beschäftigen aktuell öffentlich diskutierte Themen rund um den Erziehungsalltag genauso wie das gesunde Aufwachsen der Kinder und die notwendigen Bedingungen für die optimale Entwicklung ihrer je besonderen Persönlichkeit. In einer regelmäßig erscheinenden 14-tägigen Kolumne geht unsere Kolumnistin Angela Indermaur Fragen zur kindlichen Entwicklung, des Aufwachsens und Lernens nach. Was brauchen Kinder wirklich? Wo bleibt der Freiraum für spontanes Lernen und Selbsterkundung? Müssen Kinder ständig umsorgt, angeleitet und gefordert werden? Schadet Fürsorglichkeit und Geborgenheit unseren älteren Kindern? Welche Aufgabe haben heute Eltern? Wie gelingt der Aufbau einer intensiven Eltern-Kind-Bindung? Gibt man sein Frausein mit dem Muttersein auf und was ist mit den Vätern?