In Beziehung sein - Foto 123RF © olesiabilkeiDie Sache mit den Schlangen: Ja, in unserem Haus lebt Chin, ein Königspython. Und dies verdanken wir wohl meinem Schwager, der ebenfalls Schlangen hatte und unserem damals 3-jährigen Sohn die Faszination an diesen Tieren weitergab. Lange Zeit vertrösteten wir unseren Sohn damit, dass er mal Schlangen haben kann, wenn er eine eigene Wohnung hat.

Doch dann kam ein Moment, wo wir unser Kind stark enttäuschen mussten. Die ältere Schwester bekam in der Mitte des 6. Schuljahres ein eigenes Smartphone und er ging natürlich davon aus, dass das bei ihm dann auch so sein wird. Wir erlebten diese Entscheidung aber als Fehler und wir wollten diesen Fehler beim zweiten Kind nicht wiederholen. So viele Konflikte, soviel Frust, der die Beziehung belastete … Und so mussten wir ihm eröffnen, dass er wohl ein Handy, aber kein Smartphone bekommen wird – zumindest vorerst nicht.

Die Reaktion unseres damals 11-jährigen Sohnes beeindruckt mich bis heute: Er weinte. Er vergoss echte Tränen darüber, sagte aber noch unter Tränen, dass er es verstehen würde. Und er akzeptierte unsere Entscheidung.

Daraufhin entschieden wir als Eltern, dass wir ihm helfen würden, seinen Traum von einer Schlange zu erfüllen. Einige Monate später hielt Edi, die Kornnatter bei uns Einzug.

Während seiner Pubertät verbrachte unser Sohn Stunden vor dem Terrarium. Und im Lockdown, als er über Wochen nicht arbeiten konnte, verkaufte er die – inzwischen auf zwei angewachsenen – Kornnattern und kaufte sich Chin. Viele Stunden verbrachte er damit, sich zu informieren, das Terrarium auszustatten und einzurichten und natürlich auch mit der Schlange selbst.

Für ihn war die Beschäftigung mit Schlangen zu einer entspannenden, spielerischen Tätigkeit geworden und für uns ist klar: Es war richtig, ihm zu helfen, diesen Wunsch zu erfüllen.

Und eigentlich lebt es sich nicht so schlecht mit diesen Tieren im Haus. Sie stinken nicht, sie haaren nicht und sie machen auch keinen Lärm. Es sei denn, sie fallen mitten in der Nacht von der Lampe auf den Boden des Terrariums … Aber das kommt nicht so oft vor 😉

Wir werden als Eltern zwangsläufig Fehler machen. Und wir können es nicht immer allen Kindern gleich machen. Wichtig ist, dass wir auch gerade in solchen Situationen im Gespräch bleiben und unseren Kindern auch Anteil an unseren Gedanken geben. Und vielleicht sagen sie dann später auch mal, wie unser Sohn kürzlich: „Das war schon richtig, ich würde es heute auch so machen“.

Ihre Angela Indermaur

Ein Beitrag aus unserer Kolumne:

Menschen(s)kinder


Uns beschäftigen aktuell öffentlich diskutierte Themen rund um den Erziehungsalltag genauso wie das gesunde Aufwachsen der Kinder und die notwendigen Bedingungen für die optimale Entwicklung ihrer je besonderen Persönlichkeit. In einer regelmäßig erscheinenden 14-tägigen Kolumne geht unsere Kolumnistin Angela Indermaur Fragen zur kindlichen Entwicklung, des Aufwachsens und Lernens nach. Was brauchen Kinder wirklich? Wo bleibt der Freiraum für spontanes Lernen und Selbsterkundung? Müssen Kinder ständig umsorgt, angeleitet und gefordert werden? Schadet Fürsorglichkeit und Geborgenheit unseren älteren Kindern? Welche Aufgabe haben heute Eltern? Wie gelingt der Aufbau einer intensiven Eltern-Kind-Bindung? Gibt man sein Frausein mit dem Muttersein auf und was ist mit den Vätern?