Fernsehende Kinder - Foto Sör Alex ©photocaseEines der am heftigsten debattierten Erziehungsthemen und Gegenstand zahlloser Beratungsbücher ist die Frage: Wieviel Fernsehen ist – wenn überhaupt – gut für mein Kind?

In der Vergangenheit waren etliche empirische Studien zu negativen Ergebnissen gekommen. Die Menge der Fernsehnutzung war verbunden mit Übergewicht, Lernschwierigkeiten, Aufmerksamkeitsstörungen und aggresivem Verhalten (s. drei Beispiele unten).

Andererseits hatten andere Studie auch positive Lernergebnisse aus Experimenten mit TV und Video-Spielen gesehen.

Was macht das Fernsehen mit den Kinder-Gehirnen?

Jetzt geht eine japanische Langzeit-Studie einen Schritt weiter und untersucht die Veränderungen in der Gehirnsturktur im Verhältnis zur TV-Nutzung – und zwar von der Kindheit bis in die späte Jugendzeit. Ergebnis: Eine Warnung an alle Eltern, die Zeit ihrer Kinder vor der Glotze weitgehend einzuschränken.

Zunächst einmal wartet die Studie mit einer Überraschung auf: Bei den untersuchten 276 Kindern und Jugendlichen zwischen dem fünften und 18. Lebensjahr mit besonders ausgeprägtem Fernsehkonsum (bis zu vier Stunden pro Tag) zeigten die Gehirn-Scans sowohl eine größere „Graue Substanz“ in einigen Gehirnbereichen (Präfrontal Cortex, visuelle Cortex und Hypothalamus) im Vergleich zu den Altersgenossen mit geringerer TV-Nutzung, als auch in der Entwicklung über die Jahre der Studie hinweg. Die „Graue Substanz“, die Masse der Nevenzellen, die überwiegend die Rinde um das Innere des Gehirns bilden, wird in Zusammenhang gebracht mit der Intelligenzentwicklung.

Heißt das: Mehr Fernsehkonsum führt zu mehr Hirn und damit zu höherer Intelligenz und rascherer Intelligenz-Entwicklung?

Das, so versichern die Forscher von der japanischen Tohoku Universität, sei nicht zwingend der Fall: „Ähnlich wie beim Körpergewicht kommt es darauf an, ob das Gewicht durch Muskelmasse oder Fettpolster zustande kommt“ So könne beim Gehirn ein „zu viel“ an „Grauer Substanz“, ähnlich wie beim übermäßig fetten Körper, zu negativen Folgen führen. Entscheidend sei, dass bereits in der frühen Kindheit ein Prozess der Anpassung der „Grauen Substanz“ an die tatsächliche Nutzung des Gehirns, die Lernprozesse, angepasst würde.

Salopp könnte man formulieren: Ein schlankes Gehirn ist leistungsfähiger als ein „übergewichtiges“.

Tatsächlich zeigte sich in den Tests , dass die Kinder und Jugendlichen mit längerem Aufenthalt vor der „Glotze“ nicht nur einen vergleichsweise niedrigeren Intelligenzquotienten aufwiesen, sondern auch eine verlangsamte Intelligenzentwicklung über die Jahre der Studie.

Die Forscher warnen allerdings vor vorschnellen Schlussfolgerungen: Wie immer bei Vergleichsstudien wie dieser könnte die Verbidnung von Fernsehkonsum und Intelligenz auch auf andere Ursachen zurückzuführen sein, etwa auf die mangelnde Bewegung durch das „passive“ Hocken vor den Apparaten, eine falsche Ernährung  („Junk Food“ beim Fernsehen), falsche Haltung, Atmung etc.

Insgesamt aber die Empfehlung der Wissenschaftler an die Eltern, den Fernsehkonsum ihrer Sprösslinge deutlich zu begrenzen.

von Redaktion fürKinder

Links zum Thema

Hikaru Takeuchi, The Impact of Television Viewing on Brain Structures: Cross-Sectional and Longitudinal Analyses, Cerebral Cortex, 20. November 2013, online vorab veröffentlicht

zu anderen Aspekten des kindlichen Fernsehkonsums: C. Ford , D. Ward, M. White , Television viewing associated with adverse dietary outcomes in children ages 2-6, Obesity Reviews, 2012, 13(12):1139-47.

zu anderen Aspekten des kindlichen Fernsehkonsums: Jeffrey G. Johnson et a.,  Extensive Television Viewing and the Development of Attention and Learning Difficulties During Adolescence, Arch Pediatr Adolesc Med. 2007;161(5):480-486

zu anderen Aspekten des kindlichen Fernsehkonsums: Jeffrey G. Johnson et al., Television Viewing and Aggressive Behavior During Adolescence and Adulthood,
Science, 2002, 295 (5564), 2468-2471

Quelle: Science News