Bekommen Mütter bei der Geburt - Foto © Kerstin PukallOxytocin ist das Hormon für die positiven Gefühle: Nähe, Zuneigung, Zusammengehörigkeit und hat den Beinamen „Kuschelhormon“. Bei Frauen verstärkt sich die Oyxtocin-Ausschüttung während der Schwangerschaft, entscheidend aber während der Geburt.

Liebe auf den ersten Blick

Bei Männern zeigt sich, in bescheidenerem Umfang, der gleiche Effekt bei und nach der Geburt ihres Kindes – es sei denn sie halten sich innerlich oder physisch auf Distanz.


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Diese Wirkung des „Kuschelhormons“ ist zwar seit langem bekannt, aber wie genau das Hormon die Wahrnehmung beeinflusst und damit das Verhalten im sozialen Umfeld blieb bisher weitgehend unerforscht. Jetzt ist eine Gruppe von Neurobiologen an der Duke University in Durham, USA, der Sache nachgegangen – in Experimenten mit Rhesus-Affen.

Erstaunliches Ergebnis: Oxytocin macht die Affen – und ähnlich vermutlich auch die Menschen – unempfindlicher gegen Warnsignale vor Gefahren oder negativen Ereignissen. Gleichzeitig stärkt das Hormon die Konzentration auf die Aufgaben in der Gruppe und die Zuwendung zu einzelnen Mitgliedern.

Den Affen wurde Oxytocin als Nasenspray verabreicht und dann die Veränderungen ihres Verhaltens in der Gruppe beoachtet. Normalerweise reagieren die Tiere auf Signale der Leittiere in der Gruppe oder von fremden eindringlingen sehr sensibel, vor allem bei Drohgebärden. Nach der Hormondosis aber ignorierten die Affen diese Gefahrensignale. Andererseits konnten sie sich besser – trotz Ablenkungen und emotionalen Gefahrensignalen – auf Aufgaben konzentrieren, bei denen es eine Belohnung gab.

Die Forscher schließen daraus, dass das Hormon die Wahrnehmungsschwelle für soziale Gefahren erhöht, Affen und Menschen daher gleichermaßen eine rosarote Brille aufsetzt im Umgang mit den Mit-Affen/Mit-Menschen. Typisch dafür die Fähigkeit zur unbeirrten Konzentration auf die Mutter-/Eltern-Rolle. Diese durch das Hormon gestützten Fähigkeiten seien für das Überleben in der Gruppe und für das Überleben der Gruppe selbst im Verlauf der Evolution ein entscheidender Vorteil gewesen.

Oxytocin verändert soziale Strategien bei Zurückweisung und Isolation

Normalerweise reagieren Menschen, die in der Gruppe zurückgewiesen, beleidigt oder mißachtet werden, entweder mit Aggression oder mit Flucht (engl.: fight or flight). Die Zurückweisung verursacht Stress, der sich entweder nach außen oder nach innen, gegen das Opfer selbst, wendet. Mit einer „Portion Oxytocin“ im Blut aber kann sich diese potentiell gefährliche Strategie der Stressbewältigung ändern: Die Betroffenen schlagen nicht zu oder verfallen in Depression, sondern suchen in der Gruppe die Nähe zu anderen Gruppenmitgliedern als „Verbündete“. Eine völlig andere, sozial verträglichere Konfliktlösungsstrategie!

Diesen Zusammenhang untersuchte ein Forscherteam an der Concordia University, Montréal, Kananda, diesmal nicht mit Affen sondern in experimentellen Situationen mit etwa 100 Studenten, die in zwei Gruppen getailt wurden. Der einen Gruppe wurde Oytocin verabreicht, der anderen ein Placebo.

Die Teilnehmer wurden dann in der Gruppe durch Provokationen, abwertendes Verhalten, Missachtung und Abblocken von Wortbeiträgen unter Druck gesetzt. Die Forscher beobachteten und registrierten die Reaktionen auf diese Stresssituation.

Die Mitglieder der Gruppe, die Oxytocin erhalten hatten, suchten deutlich häufiger als ihre Mit-Teilnehmer in der Placebo-Gruppe nach Unterstützung, kommunizierten intensiver innerhalb der Gruppe und zeigten größeres Vertrauen in andere Gruppenmitglieder.

Auch diese Studie zeigt wieder die Bedeutung des „Kuschel-Hormons“ für die sozial-optimale Stress-Abwehr, eine Strategie, die sich in der Menschheitsgeschichte offensichtlich vor allem für Menschen in angreifbaren, physisch unterlegenen Situationen bewährt hat – etwa für Mütter mit kleinen Kindern.

Es ist also nicht verwunderlich, dass bei wachsendem Stress nicht nur das „Stresshormon“ Cortisol, sondern auch der Pegel des „Sozial-Hormons“ Oxytocin ansteigt.

von Redaktion fürKinder

Links zum Thema

R. Becket Ebitz et al., Oxytocin blunts social vigilance in the rhesus macaque, PNAS

Christopher Cardoso et al., Stress-induced negative mood moderates the relation between oxytocin administration and trust: Evidence for the tend-and-befriend response to stress? Psychoneuroendocrinology

Quelle: Science Daily, Eurekalert