Einnässen - Wie Kinder unbewusste Sorgen wahrnehmen - Foto iStock © Uliana PetrosianDie vierjährige Jasmin fängt an, wieder einzunässen. Sie verliert manche Fähigkeiten, die sie schon erworben hat, wird scheu und zieht sich zurück. Auch ihre Eltern sind sehr fürsorglich und wollen Jasmin nicht belasten. Doch Jasmin hat Atmosphären der Angst mitbekommen: der Angst vor Corona, der Angst vor dem Krieg in der Ukraine, der Angst vor einem Arbeitsplatzverlust des Vaters und anderes mehr.

Doch für diese Ängste gab es keine Worte. Die Eltern wollten nicht darüber sprechen, um Jasmin nicht zu belasten. Doch sie haben unterschätzt, dass Kinder wie Jasmin und viele andere auch Atmosphären spüren und dass diese Wirkung haben. Deswegen ist es wichtig, auch über Ängste und andere Atmosphären, die um Kinder herum sind und Kinder beeinflussen, zu reden, natürlich kindgerecht und altersgemäß. Denn Schweigen und Tabuisieren kann Kinder belasten und zu solchen Symptomen führen. Kinder bekommen immer mehr mit, als wir Erwachsenen denken.

Ein Kind im Alter von vier Jahren wird vieles, was Ängste der Eltern auslöst, nicht verstehen. Aber es bekommt immer mehr mit, als wir Erwachsene vermuten. Deswegen sollten wir ihnen sagen: „Wir machen uns Sorgen um …, aber wir passen auf dich auf.“ Die richtigen Worte werden Sie finden und hängen vom Alter und dem Kind ab. Die Kinder brauchen beides: Die Sicherheit, dass wir sie schützen und ihnen Halt geben UND die Transparenz, dass sie wissen, was los ist, was in der „Luft“ liegt.

von Udo Baer

Erstveröffentlichung: Kinderwürde

Ein Beitrag aus unserer Praxis-Rubrik:

FamilieLeben – besser verstehen


Sind Eltern zufrieden und glücklich entwickeln sich ihre Kinder zu kleinen Persönlichkeiten mit einer großen Portion gesundem Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl. Doch was brauchen Familien, damit Spannungen und Konflikte gar nicht erst aufkommen und wie gestalten sie ihre Beziehung und erhalten sie aufrecht? Was wäre nötig, damit Väter selbstbewusst die Vaterrolle annehmen, die Verteilung der Familienarbeit gerecht aufgeteilt ist und die Unstimmigkeiten im Hinblick auf die Kindererziehung nicht ständig Thema sind. Kann Familie gelingen, wenn das geschlechtsspezifische Denken, Wahrnehmen und Verhalten im täglichen Umgang miteinander berücksichtigt wird?