Jähzorn als Ursache für ungelebtes Leben - Foto iStock © EricVegaDie elfjährige Lisa bekommt ab und zu wie aus heiterem Himmel Jähzorn-Attacken. Die Eltern sind ratlos und ohnmächtig und wissen nicht, was sie tun sollen. In der Begleitung von Lisa wird deutlich, wie auch oft bei anderen Kindern mit Jähzorn-Attacken, dass dahinter ungeliebtes Leben stecken kann.

Wenn wir Menschen uns dafür entscheiden, etwas zu tun, bleiben andere Möglichkeiten ungelebt. Das ist normal und kein Problem. Doch wenn wir etwas nicht leben dürfen, weil wir daran gehindert werden, oder wenn wir etwas versäumen oder verpassen, dann kann das Probleme hervorrufen. Denn es gibt Leben, das gelebt werden möchte.

Bei Lisa ist es deutlich. Sie hat Sehnsucht nach mehr Zärtlichkeit. Diese bekommt sie nicht von ihren Eltern, aus welchen Gründen auch immer.

Das ungelebte Leben, die ungelebte Sehnsucht nach Zärtlichkeit wird von Lisa „umgetauscht“ in das Gefühl Jähzorn, in Aggressivität. Wenn wir mit aggressiven Gefühlen oder auch mit anderen Gefühlen, unter denen Kinder leiden, zu tun haben, ist es immer sinnvoll, nach deren Quellen zu schauen. Wenn wir keine Anlässe und Quellen finden, gibt es eine Regel der Grammatik der Gefühle, die darin besteht, dass wir Menschen Gefühle „umtauschen“ können. Das geschieht unbewusst:

  • Hilflosigkeit gegen Schuldgefühle,
  • Trauer, die nicht geteilt werden kann, gegen Wut usw.

Es lohnt sich, in solchen Situationen nach einem „umgetauschten“ Gefühl zu suchen.

von Udo Baer

Ein Beitrag aus unserer Praxis-Rubrik:

FamilieLeben – besser verstehen


Sind Eltern zufrieden und glücklich entwickeln sich ihre Kinder zu kleinen Persönlichkeiten mit einer großen Portion gesundem Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl. Doch was brauchen Familien, damit Spannungen und Konflikte gar nicht erst aufkommen und wie gestalten sie ihre Beziehung und erhalten sie aufrecht? Was wäre nötig, damit Väter selbstbewusst die Vaterrolle annehmen, die Verteilung der Familienarbeit gerecht aufgeteilt ist und die Unstimmigkeiten im Hinblick auf die Kindererziehung nicht ständig Thema sind. Kann Familie gelingen, wenn das geschlechtsspezifische Denken, Wahrnehmen und Verhalten im täglichen Umgang miteinander berücksichtigt wird?