Vom Paar zur Familie - Foto iStock © stock_colors

Unsere Tochter ist jetzt 2 ½ Jahre alt und hat bisher einmal bei den Großeltern übernachtet. Die Kinder unserer Freunde haben dagegen schon eine richtige Routine mit den Übernachtungen bei Oma und Opa. Ihre Eltern wenden sich dann wieder den Dingen des Lebens zu, die mit Kind nicht so komfortabel sind: Paarabende, Hotelbesuche, Konzerte oder einfach das Wochenende für sich.

Wir haben uns immer mal wieder gefragt, warum es bei uns nicht so ist. Das machte uns auch manches Mal traurig, vor allem wenn wir das Gefühl hatten, dass es gerade ein wenig an Paarzeit mangelt. Aber genauso wollten wir unsere Tochter auch auf keinen Fall als Begründung nehmen, dass uns irgendetwas „fehlte“. Wir hatten einfach kein gutes Gefühl dabei, unsere Tochter schon so früh in die nächtliche Obhut unserer Eltern zu geben.

DAS BAND DER BINDUNG – LOSLASSEN UND DRANBLEIBEN

Das Verhältnis zu unseren Eltern ist sehr gut. Mein Mann und ich haben beide sehr liebevolle Eltern. Wir haben viel Kontakt zu ihnen und ein offenes, ehrliches Miteinander. Sie wohnen in unmittelbarer Nähe und haben somit auch viel Kontakt zu unserer Tochter. Seitdem sie ein Jahr alt ist, verbringt sie tagsüber öfter ein paar Stunden mit den Großeltern alleine. Das kann mal eine Stunde sein, es waren aber auch schon acht. Je nachdem wie lange sie sich wohlfühlte.

Dabei haben wir immer versucht auf die Signale unserer Tochter zu achten und unsere Eltern taten das auch. Sofern es möglich war, beendeten wir die Zeit bei Oma und Opa, wenn sie es irgendwie zum Ausdruck brachte. Mittlerweile kann sie es sagen, das macht es für alle einfacher. Als sie noch etwas kleiner war, konnten wir es gut an der Veränderung in ihrem Verhalten erkennen. Sie lächelte dann nicht mehr, wandte sich ab oder suchte besonders viel Nähe. Sie wirkte innerlich unausgeglichen.

Vor allem gegen Abend war es ihr immer ein sehr großes Bedürfnis bei uns Eltern zu sein. Sie suchte nach der wohligen bekannten Nähe. Zuhause kuschelt sie sich dann zwischen uns, wird gestillt und schläft glücklich ein. Wenn sie nachts wach wird, sucht sie schnell den Körperkontakt zu einem von uns, wird eventuell nochmal gestillt, um dann wieder mit einem sicheren Gefühl weiterzuschlafen.

EINE FRAGE DES VERTRAUENS UND DES MITEINANDERS

Sicherlich kommt es darauf an, wie fit die Großeltern noch sind und wie viel Verantwortung sie im Alter noch übernehmen können. Da haben wir Glück. Unsere Eltern sind noch recht jung und gesund.

Ein weiterer Punkt ist der Umgang mit dem Kind. Können sie Grenzen wahrnehmen und respektieren? Gehen sie liebevoll mit dem Kind um? Sind sie nicht übergriffig im Ton und in ihren Handlungen? Haben sie überhaupt Lust dazu oder wird ihnen das Enkelkind aufgezwungen?

Uns war es noch wichtig mit unseren Eltern über die eigenen Vorstellungen zu sprechen. Unser Kind sollte auf keinen Fall schreiend einschlafen. Es sollte beim Einschlafen jemanden bei sich haben, der dem Kind zugewandt ist und es in den Schlaf begleitet.

Wir haben festgestellt, dass unsere Tochter beim Mittagsschlaf bei Oma und Opa am allerliebsten genauso das große Ehebett aufsucht, wie sie es auch bei uns zuhause gewohnt ist. Wir hatten zu Beginn noch ein Kinderbett mit in das Zimmer der Großeltern gestellt, aber da war nach zehn Sekunden klar, hier wird sie mit Sicherheit kein Auge zumachen. So war es dann auch das eine Mal als unsere Tochter bei Oma und Opa übernachtet hat. Sie schlief zwischen Oma und Opa gekuschelt im großen Bett, allerdings später und unglücklicher ein als sonst. Die Situation war so anders für sie. Auch wenn sie den Umstand akzeptiert hat, war deutlich zu spüren, dass sie sich damit nicht wohlfühlte.

ANKOMMEN ALS FAMIE

Irgendwann haben wir akzeptiert, dass dies unser Weg als Familie ist: Wir sind einfach gerne zusammen und das auch nachts. Dabei gibt es Dinge, die einfach gerade nicht so gut dazu passen, wie Konzerte und Dinge, die wir natürlich trotzdem machen können, wie ein Restaurantbesuch. Wir mussten nur erst mal verstehen, dass der Grund für „mangelnde Paarzeit“ gewiss nicht unsere Tochter war, sondern eher wir; völlig ausgepowerte Eltern nach einem anstrengenden Arbeitstag. Und daher wäre es gemein, eine Reaktion aus diesen Gefühlen auf sie zu übertragen oder uns ständig „frei“ von ihr zu nehmen durch die Verlagerung der Verantwortung auf Oma und Opa.

IST DAS RICHTIG SO?

Keine Ahnung. Hier darf jeder für sich entscheiden. Jede Familie und jedes Kind sind anders. Allein die Arbeitssituation lässt oft kaum Spielraum in den Entscheidungen. Ich denke, das Wichtigste ist, dass immer ein gesunder Kompromiss für das Kind und für sich gefunden wird. Und jeder sollte bereit sein auch mal einen Moment inne zu halten und die Situation aus der Vogelperspektive zu betrachten; für sich, für die Familie und sein Kind, um dann zu bewerten, ob es im Moment stimmig ist, sich gut anfühlt und in den nächsten Wochen und Monaten so weitergehen soll.

von Cora Dechow