Zwillingsmutterschaft - Foto © Kerstin PukallEs fühlt sich an, als wäre es gestern gewesen, als der Arzt in der 8. Schwangerschaftswoche den ersten Ultraschall machte und plötzlich sagte: „Ich sehe hier zwei Herzen schlagen!“ Ich war gleichermaßen schockiert und erfreut, brachte aber kaum ein verständliches Wort heraus, so überwältigt war ich von der Nachricht. „Es sind eineiige Zwillinge, eine Laune der Natur, herzlichen Glückwunsch!“ Der Termin war kurz, und nach etwa 10 Minuten stand ich, mit einer Tüte voller Informationsmaterial zu den nächsten Schwangerschaftswochen, etwas benommen auf einer der Hauptstraßen Berlins.

Ein Gefühlschaos pur.

Zuhause googelte ich Mono-Mono-Zwillinge – eineiige Zwillinge ohne Trennwand – und stieß auf beängstigende Berichte. Doch ich beschloss, alle Ängste beiseite zu schieben und auf meinen Körper zu vertrauen und stürzte mich wie gewohnt in die Arbeit. Bis vier Tage vor dem Kaiserschnitt arbeitete ich Vollzeit in meiner Praxis.

In der 30. Schwangerschaftswoche bekam ich Präeklampsie, und meine Jungs wurden kaum noch versorgt. Mir ging es zunehmend schlechter, sodass ich ins Krankenhaus musste. Ständige CTGs und Doppel-Ultraschalluntersuchungen folgten, bis in der 31. Woche die Ärzte eingriffen und die Jungs holten. Damit begann unsere erste große Krise.

Leben auf der Neonatologie

Die ersten fünf Wochen nach der Geburt meiner Zwillinge, die intensivmedizinisch betreut werden mussten, erlebte ich als extrem reizüberflutend, überfordernd und stressvoll. Der Lärm und die Hektik der Neonatologie, die Schmerzen vom Kaiserschnitt und das Gefühl der Hilflosigkeit, meine Söhne verkabelt im Inkubator zu sehen, hinterließen ein starkes Gefühl von Schuld und Verlassenheit. Am schlimmsten war jedoch, dass ich keine echte Verbindung zu ihnen spürte.

Der Raum war erfüllt von piependen Monitoren, den Schreien anderer hilfloser Neugeborener und einer Atmosphäre ständiger Anspannung. Obwohl ich täglich mit meinen Kindern kuscheln durfte, fühlte sich die Intensivstation alles andere als gemütlich an. Ich hatte das Gefühl, dass mein Stress sich auf einen meiner Söhne übertrug, da er sich trotz meiner Nähe nicht beruhigen konnte. Immer wieder überkam mich der Gedanke, in der gleichen hilflosen Situation wie die Babys zu sein, was mich emotional völlig überwältigte. Letztlich zog ich mich emotional zurück, betäubt durch die Flut an überwältigenden Eindrücken, und schob meine Gefühle zur Seite, um irgendwie durchzuhalten.

Einer meiner Söhne wog bei der Geburt nur knapp 1000 Gramm, der andere 1350 Gramm.

Trotz ihres geringen Geburtsgewichts mussten sie nicht künstlich beatmet werden – zwei kleine Kämpfer von Anfang an.

Zuhause: Die Sehnsucht nach Nähe

Zwillingsmutterschaft 2 - Foto © Kerstin PukallFünf Wochen später, nur drei Tage vor Heiligabend, sagte der Oberarzt zu mir: „Morgen geht’s nach Hause.“ Endlich konnte ich die beiden kleinen Mäuse mit nach Hause nehmen. Doch kaum angekommen, spürte ich, dass ich keine richtige Bindung zu meinen Jungs hatte. Uns fehlten diese ersten fünf Wochen. Die abrupte Trennung durch den Kaiserschnitt und die Zeit im Krankenhaus, in der sie vor allem von Fremden versorgt wurden, hatten es uns schwer gemacht, ein echtes Band zu knüpfen. Beschämt und voller Schuld darüber verspürte ich den tiefen Wunsch, diese Lücke zu füllen – die frühen Trennungserfahrungen und den Mangel an Nähe auszugleichen. Ich wollte meinen Söhnen Geborgenheit und Liebe schenken, sie nie mehr im Stich lassen und ihnen eine behütete, glückliche Kindheit ermöglichen. Ich wollte da sein, wenn sie mich brauchten, sie beruhigen, wenn sie weinten, sie wiegen, verwöhnen und ihnen viel Ruhe, Zeit und Fürsorge geben. All das – mein Mutterideal, das ich selbst nie erfahren hatte.


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Schon ein, zwei Tage nachdem die Jungs Zuhause waren, erlebte ich die Realität als Frühchen-Zwillingsmutter hautnah: Mehrmals täglich hatte ich zwei schreiende Säuglinge, die gleichzeitig meine volle Aufmerksamkeit verlangten. Mein Ziel war immer eine sichere Bindung, aber in solchen Momenten zweifelte ich daran, ob das für Zwillingsmütter überhaupt erreichbar ist. Dazu kamen die schlaflosen Nächte, in denen immer einer der Jungs alle 1–2 Stunden gestillt werden wollte. Das Familienbett war dabei meine Rettung – so konnte ich mich nur nach rechts oder links drehen und beide stillen.

Ich gab 200 % und oft noch mehr …

Tagsüber stillte ich sie tandem und kaufte mir eine Zwillingstrage. Doch Schwierigkeiten gab es an allen Ecken: Beim Tandemstillen rollte einer der Jungs regelmäßig vom Stillkissen herunter und schrie, während ich ihn wieder zurücksetzte. Von einem „ruhigen Stillmoment“ zwischen Mutter und Kind konnte selten die Rede sein. Auch die Zwillingstrage stellte mich vor Herausforderungen. Durch meinen schmalen Körperbau stießen die Jungs oft mit den Köpfen aneinander – alles wirkte suboptimal. Hinzu kam die Erschwernis unserer zweistöckigen Etagenwohnung: Das Bad befand sich unten, die Aufenthaltsräume oben. Musste ich tagsüber ins Bad, trug ich beide Babys mühsam die Treppe hinunter und wieder hinauf. Selbst das Kuscheln war schwierig. Während einer es sich in meinen Armen gemütlich machte, war der andere häufig unruhig, krabbelte weg oder wurde wachgerüttelt. Ein entspanntes Miteinander schien fast unmöglich.

Nur meine Jungs, ich und die Kraft der Natur

Zwillingsmutterschaft 3a - Foto © istock StefaNikolicIrgendwann wurde es Frühling, und wir stellten die Hängematte im Garten auf. Von da an fühlte ich erstmals eine tiefe Verbindung zu meinen Jungs, die nun etwa vier Monate alt waren. Fast das gesamte erste Jahr verbrachten wir gemeinsam in der Hängematte: ein kleiner Zwerg rechts, einer links und ich in der Mitte. Wir kuschelten, schaukelten, stillten, sangen, erzählten Geschichten, lauschten entspannende Klaviermusik, betrachteten die wehenden Blätter und Zweige des Kirschbaums und beobachteten die Vögel und Käfer um uns herum. Rückblickend war dieses Jahr draußen in der Hängematte wunderschön – innig und voller Geborgenheit.

Sobald die Jungs laufen konnten, zog es uns jeden Tag hinaus: über Felder, Wiesen und in den Wald. Wir picknickten, machten Fahrradtouren, buddelten in der Erde und sprangen in Pfützen. Oft kamen wir schmutzig und müde nach Hause, aber erfüllt und glücklich. Die Jungs waren frei und abenteuerlustig, kleine Entdecker – und ich liebte es, an ihrer Seite zu sein.

Drei intensive gemeinsame Jahre später …

Nun sind die Jungs drei Jahre alt und starten ihr neues Abenteuer im Kindergarten. Für uns Eltern – besonders für mich als Mutter – bedeutet das, sie ein Stück weit loszulassen, was uns nicht leichtfällt. Auch unsere Jungs spüren diesen kleinen Abschiedsschmerz, selbst wenn sie nur drei Stunden täglich in den Kindergarten gehen. Gemeinsam lassen wir drei aufregende und wundervolle Jahre hinter uns, in denen beide, trotz ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten, immer wieder ihre Einzigartigkeit gezeigt haben: neugierig, klug, lebensfroh und voller Charme.

… trotz des schwierigen Starts haben wir es geschafft, ein festes Band zu knüpfen – eines, das Liebe heißt.

von Stefanie Füllgrabe