Dann bin ich auf den Baum geklettert - Dirk Roßmannjpg

Dirk Roßmann
… dann bin ich auf den Baum geklettert!
Von Aufstieg, Mut und Wandel
Random House Verlagsgruppe: Ariston
ISBN: 978-3424201925
240 Seiten
20,00 Euro

Das Buch, Autobiografie des Selfmade-Drogerie-Milliardärs Dirk Roßmann und Spiegel-Bestseller, beginnt mit einem bemerkenswerten Zitat der berühmten deutschen Psychoanalytikerinnen Ruth Cohn (1912-2010):

„Wenn unsere eigenen Gefühle im Vordergrund stehen, können wir nicht mitfühlend sein, wenn wir uns nur noch nach anderen Leuten richten, ohne Rücksicht auf unsere eigenen Bedürfnisse, können wir nicht wir selbst sein.“

Bemerkenswert deshalb, weil man einen solchen Satz nicht unbedingt am Anfang der Autobiografie eines der laut Forbes-Liste 50 reichsten Deutschen vermuten würde. Beim Lesen der Lebensgeschichte von Dirk Roßmann wird allerdings schnell deutlich, dass es wohl kein Zitat geben könnte, was das Sein und Wirken des ROSSMANN-Gründers besser und umfassender zugleich zusammenfassen könnte.

Kindheit der Gegensätze

Roßmann (im Unterschied zum Markennamen mit „ß“ geschrieben), wird 1946 mitten in die widrigen wirtschaftlichen Umstände von Nachkriegsdeutschland geboren. Er wächst in bescheidenen finanziellen Verhältnissen auf. Zwar gibt es schon einen kleinen elterlichen Drogerieladen, der jedoch nur spärlichen Gewinn abwirft und gerade so das Überleben der Familie sichert. Die Eltern, insbesondere die Mutter, sind stark um die wirtschaftliche und persönliche Existenzsicherung bemüht, so dass wenig Raum für unbeschwertes Familienleben bleibt. Auch die Kinder werden in den Familienbetrieb eingespannt, genießen durch den liberalen Erziehungsstil der Eltern jedoch auch viel Freiheit für persönliche Ideen und Entfaltung.

In diesem Sozialbiotop der frühen Kindheit entwickelt sich in Dirk Roßmann zum einen ein markanter Persönlichkeitsdreiklang aus Willensstärke, Mut und sozialem Verantwortungsbewusstsein; zum anderen aber auch Unsicherheit, emotionale Bedürftigkeit und Minderwertigkeit.

Dieses Leben in Gegensätzen zieht sich wie ein roter Faden durch die Biografie von Dirk Roßmann: So legt sich der junge Roßmann einerseits erfolgreich mit der kompletten Bundeswehr an, die ihn unrechtmäßig zum Wehrdienst zwingt. Andererseits beschreibt das Buch einen konfliktscheuen Mann, der schwierigen Personalgesprächen im eigenen Unternehmen lieber aus dem Weg geht und delegiert.

Persönliche Erschütterungen und unerschütterliche Zuversicht

Dass die widrigen Umstände seiner Kindheit dennoch ihre Spuren hinterlassen haben, wird ebenso im Buch deutlich. Dirk Rossmann beschreibt transparent sein jahrelanges Gefühl des inneren Getriebenseins, Verdrängung innerer emotionaler Unruheherde und „Baustellen“, die schließlich in einem Herzinfarkt und Beinahe-Bankrott seines Unternehmens münden. Nur durch intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit, professionelle psychologische Begleitung sowie die Unterstützung guter Freunde und Wegbegleiter kann sich der Familienunternehmer seinen inneren Dämonen stellen und die selbstzerstörerischen Muster überwinden.

In dieser Weise berichtet Dirk Roßmann bemerkenswert authentisch von seinen Up’s und Down’s, von den Erfolgen genauso wie von persönlichen und wirtschaftlichen Fehltritten. Sein Fazit:

„Ich selbst habe nie die Zuversicht verloren. Zuversicht ist laut Duden-Definition »der feste Glaube, dass die Zukunft Gutes bringt.« Diesen Glauben hatte ich selbst in den schlimmsten Krisenzeiten. Und Zuversicht müssen wir unseren Kindern vermitteln. Mit Zuversicht, das würde ich mir wünschen, sollten ebenso unsere Politiker und Staatslenker voranschreiten.“

Kinder stark fürs Leben machen

Die Voraussetzung für die Herausbildung einer solchen Zuversicht, sowie die daraus erwachsende Fähigkeit, selbst-achtsam und zugleich emphatisch das Leben anzunehmen und zu meistern, liegt laut Dirk Roßmann maßgeblich in der Kindheit. Zum einen in der herzlich-liebevollen Annahme der Eltern. Zum anderen in der Ermöglichung einer kind- und entwicklungsgerechten Bildung. Beides ist dem Autor selbst nur bedingt vergönnt gewesen. Dirk Roßmann beschreibt sogar, die Schule habe ihn „nur verunsichert und eingeengt.“

Sein Glück sei gewesen, dass

„mir meine Eltern viel Freiraum gaben. Sie sorgten dafür, dass ich mich entfalten konnte. Ich wurde als Kind nie geschlagen. […] Lässt man Kinder liberal und frei aufwachsen, lässt man ihnen in diesem Sinne eine Erziehung angedeihen, führt das zu selbstbewussteren Menschen – und nicht zu Menschen, die angepasst sind und zu allem Ja sagen.“

Inspiriert durch seine persönliche Lebensgeschichte ist es dem zweifachen Vater daher ein besonderes Herzensanliegen, sich für eine gesunde, freie Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und jungen Menschen einzusetzen. So engagiert sich Roßmann zum Beispiel bei den Initiativen „Mehr Mut zum Ich“, „Mentor – Die Leselernhelfer“ oder „Klasse! Wir singen“ sowie bei zahlreichen anderen nationalen wie internationalen Projekten.

Fazit

Ein unternehmerisch wie persönlich faszinierendes und inspirierendes Buch einer der erfolgreichsten deutschen Unternehmerpersönlichkeiten, welches gelungen den scheinbaren Widerspruch zwischen finanziellem Erfolg und Sozialverantwortung, Selbst- und Nächstenliebe, Freiheit und Verantwortung aufgreift. Und auflöst. Und einem zuruft: „Habe den Mut, deinen Träumen zu folgen. Und dann hilf anderen, es dir gleichzutun. Es lohnt sich.“

von Mario Motzkuhn

Dirk Rossmann © Christian Kerber

Über den Buchautor: Dirk Roßmann

Jahrgang 1946, Sein Vater besitzt in zweiter Generation eine kleine Drogerie und stirbt, als Dirk Roßmann zwölf Jahre alt ist. Nach dem Abschluss der Volksschule und der anschließenden Drogistenlehre übernimmt er die Verantwortung im Geschäft und sorgt für die Familie. 1972 gründet Dirk Roßmann den ersten deutschen Drogeriemarkt mit Selbstbedienung. Heute betreibt das Unternehmen mit Sitz in Burgwedel bei Hannover 3.770 Filialen in Deutschland sowie Polen, Ungarn, Tschechien, Albanien und der Türkei. 2017 erzielte ROSSMANN erstmals einen Umsatz von 9 Milliarden Euro. Dirk Roßmann ist verheiratet mit Alice Schardt-Roßmann und hat zwei Söhne, die ebenfalls im Unternehmen tätig sind. www.rossmann.de