Geschwister- alltägliche Einflüsse und Vorteile

Zu den weiteren alltäglichen Einflüssen auf die Geschwisterbeziehung und den Geschwisterstreit gehört:

Eine lange Abwesenheit der Eltern durch langes Arbeiten bzw. Nichtverfügbarkeit. Dies kann zu vermehrtem Geschwisterstreit führen. Wenn dabei z. B. Grundschulkinder hin und wieder allein zu Hause sind, gibt es ein widersprüchliches Verhalten insofern, als sie i. d. R. ganz friedlich miteinander umgehen, wenn sie allein zu Hause sind. Wenn die Eltern dann da sind, geht es los mit dem Streit. Der Grund für das gute Vertragen während der Abwesenheit ist die Unsicherheit und Anspannung, die junge Kinder empfinden, wenn sie allein sind. Tauchen die Eltern auf, entspannen sich die Kinder und der angesammelte Frust vom Tag wird an den Geschwistern ausgelassen. Das sind keine bewussten Aktionen, sondern geschieht impulsmäßig. Wenn dann der Abend mit Stress verbunden ist durch die Dinge, die noch zu erledigen sind, gibt es zusätzlichen Streit. Dieses negative und Eltern belastende Verhalten können Kinder bis in die Pubertät hinein nicht gut steuern.

Des Weiteren die fehlende Aufmerksamkeit für die Kinder, z. B. durch langes Telefonieren oder der Beschäftigung der Eltern über lange Zeit mit irgendetwas, führt ebenso zu vermehrtem Streit zwischen den Geschwistern. Je jünger sie sind, umso mehr, da die Kleinen noch auf die Aufmerksamkeit der Eltern angewiesen sind.

Ebenso führt fehlendes Grenzen setzen zu vermehrtem Streit. Der Grund dafür ist, dass Kinder Grenzen als Rahmen für ihre Verhalten brauchen, auch wenn sie sich dagegen wehren. Die Diskussionen darüber sind für die Kinder wichtig, weil sie sich damit ernst genommen fühlen und sozial lernen. Bei zu strengem Elternverhalten kann es auch zu vermehrten Geschwisterstreit kommen, der dann allerdings unterschwellig abläuft, wenn ein Verbot des Streitens zum strengen Elternverhalten gehört. Der Grund für den vermehrten Streit in beiden Fällen ist eine ständige Überforderung. Fehlende Grenzen führen zu Irritationen. Übermäßig strenges Elternverhalten ist einerseits mit viel Druck verbunden und andererseits überfordert es kleine Kinder, die die Regeln noch nicht richtig verstehen. Dann fühlen sie sich abgelehnt und reagieren auf Dauer negativ.

Vorteile persönlicher Entwicklung durch Geschwister

• Das Sicherheitsgefühl der Kinder wird verstärkt, d. h. sie geben sich gegenseitig Sicherheit.
• Das soziale Lernen ist intensiver, weil sie im Laufe ihrer Kindheit viele schwierige Konfliktsituationen erlebt und gemeistert haben.
• Entwicklungsförderung durch ständiges gemeinsames Spiel, weniger Langeweile, weniger Inanspruchnahme der Eltern, dadurch mehr Selbstständigkeit.
• Hilfe bei Problemen und gemeinsame schöne Erlebnisse, die die Kinder psychisch stabilisieren.

Darüber hinaus halten Geschwister im Hinblick auf die Außenwelt meistens zusammen, schützen sich gegenseitig vor Angriffen und äußern sich stolz über die besonderen Leistungen der Geschwister, was das eigene Selbstwertgefühl stabilisiert. Sie halten auch zusammen und schützen sich, wenn die Eltern streiten oder wenn es große Probleme in der Familie gibt. Bereits im Kleinkindalter geben sie sich gegenseitig Sicherheit, z. B. beim Schlafen, wenn sie in einem Zimmer zusammen schlafen, und ebenso in der fremden Betreuungssituation. Voraussetzung dafür ist, dass der Geschwisterstreit in der Beziehung nicht dominiert, sondern viele schöne gemeinsame Erlebnisse vorhanden sind.

von Erika Butzmann