Mit dem Begriff Kita werden Krippe und Kindergarten gleich benutzt, um einerseits das Ziel, Kinder ab dem ersten Lebensjahr ganztags zu betreuen, weiter verfolgen zu können und andererseits den Begriff Krippe zu vermeiden, um die Diskussion zu diesem gesellschaftlich strittigen Thema einzudämmen. Wie sich das zeigt, kann in der Ausgabe 1/19 der DJI-Impulse nachgelesen werden. Dort schreibt der Leiter des Deutschen Jugendinstituts (DJI) Herr Rauschenbach:
„…das Feld der Kindertagesbetreuung wächst weiterhin mit hoher Geschwindigkeit, und der Wandel von Kindheit und Elternschaft setzt sich entsprechend fort. Ein wenig erstaunlich ist schon, wie wenig konflikthaft diese gesellschaftlichen Entwicklungen sind: Fundamentale Opposition gegen den Ausbau der öffentlichen Kindertagesbetreuung ist nicht wirklich erkennbar …“
Hier wird mit dem Gebrauch der Bezeichnung KITA absichtlich nicht unterschieden zwischen den Krippenkindern und den Kindergartenkindern und damit ignoriert, dass es sowohl Widerstand von Kinderärzten, Kindertherapeuten, Pädagogen und Sozialwissenschaftler gegen die frühe Krippenbetreuung gibt als auch, dass ein wesentlicher Unterschied zwischen Krippen-und Kindergartenkindern existiert.
Ein Kindergartenkind hat eine bestimmte Reife (im Vergleich zur Schulreife), ein Krippenkind hat absolut keine Reife für das Verbringen von längeren Zeiträumen in außerhäuslicher Betreuung. Warum das so ist, kann unter dem Beitrag „Risiken der frühen Krippenbetreuung“ nachgelesen werden
In der o.g. DJI-Ausgabe werden von einer Autorin u.a. die unter den realen Verhältnissen überwiegend vorhandenen Dauer-Stresssituationen für die Kinder – durchaus messbar – als negative Ausreißer angesprochen, denen man mit dem angemessenen Aufwand (Personalstärke, Ausbildung, Bezahlung …) entgegen steuern könnte. Selbst wenn das so wäre, ist die Tatsache, dass in der Zwischenzeit Millionen von empfindsamen Kleinkindern für`s Leben geschädigt werden, erschreckend genug – ebenso erschreckend, wie das Wegducken der Wissenschaftler als Meinungsbildner vor dieser Tatsache.
Dass unter diesen Umständen die Eltern nur unzureichend sensibilisiert, um ihre Sprösslinge im Bildungs-Wettkampf á la PISA besorgt, nicht so genau hinsehen und hinhorchen, ist wohl verständlich. Doch die langfrstigen Auswirkungen früher langzeitiger Fremdbetreuung sind dokumentiert. Dazu gehören je nach Dauer und Alter des Kindes in der Fremdbetreuung folgende Entwicklungsdefizite:
Bindungsmangel
Als primäre Bindungspersonen für das Kind stehen in der Regel die Eltern an erster Stelle der Bindungshierarchie
Unter dem Aspekt der psychischen, gesundheitlichen und kognitiven Entwicklung des Kindes kann die immer wieder betonte und vorgegebene Bildung nicht gelingen, weil die frühe Bindung zwischen Eltern und Kind Voraussetzung für eine gute Bildung ist. Diese Bindung wird unterbrochen oder verhindert, wenn die Kinder vor ihrem zweiten Geburtstag langzeitig fremdbetreut sind.
Auftretende Trennungs- und Verlassenheitsängste sind bei sensiblen, eher ängstlichen Kindern besonders stark. Der Grund liegt darin, dass sich Kinder bis weit ins zweite Lebensjahr hinein kein inneres Bild von der Mutter/den Eltern machen können. Verschwindet die Mutter, ist sie für das Kind weg aus seiner Welt; es hat keine Erinnerung an sie. Erst mit der weiteren Gehirnreifung entwickeln sich die inneren Bilder.
Zur gleichen Zeit festigt sich die Bindung an die Mutter in dem Maße, wie die Mutter zur Verfügung steht und auf die Bedürfnisse des Kindes eingehen kann. Werden Verlassenheitsängste in dieser Phase häufig ausgelöst, wird das noch nicht funktionsfähige Stresssystem des Kindes übermäßig belastet. Dann wird auch die Bindung zwischen Mutter und Kind beeinträchtigt.
Eine alternative Bindung zur „Erzieherin“ erleben Kinder kaum noch, da der Aufbau zeitintensiv ist, eine gewisse Eigenständigkeit und Kontinuität voraussetzt. Der Großteil der Kita-Fachkräfte arbeitet jedoch in Teilzeit bzw. wechselt nach durchschnittlich fünf Jahren in andere Berufe. In der o.g. DJI-Ausgabe heißt es: „So seien beispielsweise viele Tätigkeiten mit hoher Verantwortung, aber nur geringem Gestaltungsspielraum verbunden. Außerdem fehle es an Einarbeitungszeiten. Unterschiedliche pädagogische Orientierungen im Team und die Arbeit selbst werden als belastend empfunden.“
Gesundheitliche Schäden
Ulrike von Aufschnaiter schreibt in ihrem Buch Deutschlands kranke Kinder: „Eine neue umfassende Analyse von Studien zur Gesundheit von Kindern zeigt gesundheitliche Schäden durch häufige Ernährung in Kitas und Ganztagsschulen, weil eine ausreichende Versorgung mit wichtigen Vitaminen und Mineralien durch Massenversorgungen in Kitas und Schulen nicht gewährleistet werden kann.
Die Ernährung in Kitas und Schulen basiert auf den staatlichen Empfehlungen der Ministerien für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Diese tonangebenden Institutionen arbeiten eng mit der Wirtschaft, insbesondere den Akteuren der Intensivlandwirtschaft, industriellen Verarbeitung von Nahrungsmitteln und Pharmakonzernen, zusammen. Eine neue umfassende Analyse von Studien zur Gesundheit von Kindern zeigt, dass die steigenden Raten von gesundheitliche Schäden zu weiten Teilen auf die vage gehaltenen und staatlichen Empfehlungen dieser Institutionen basieren.
Die verabreichte Nahrung in Kitas und Schulen ist oft nährstoffarm – insbesondere in Bezug auf essenzielle Nährstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe, Fettsäuren, Aminosäuren und sekundäre Pflanzenstoffen – und enthalten im Regelfall die Gesundheit potentiell schädigende Rückstände aus der Landwirtschaft und Zusatzstoffe (Pestizide, industriell hergestellte Zucker, Salz, Phosphatzusätze, Nitrate, Glutamate, Aluminiumzusätzte und einige mehr).
Die Summe einer solch nährstoffarmen sowie toxikologisch belasteten Nahrung führen zu Entwicklungsstörungen auf allen Ebenen. Korrelierende und zu beobachtende Krankheitsbilder umfassen Fettleibigkeit, Diabetes, Krebs, Kopfschmerzen, Sprach- und Verhaltensauffälligkeiten, Störungen im Aufbau von gesunden Knochen und Zähnen, Hör- und Sehstörungen und vieles mehr [1].“
Kein Vorteil für die Sprachentwicklung
Auch die durch wenige Studien erhobenen kognitiven und sprachlichen Vorteile beziehen sich ausschließlich auf Kinder aus bildungsfernen Familien [2] und verlieren sich bis zum Schulbeginn wieder [3].
Kein Vorteil für die soziale Entwicklung
Vorteile für die soziale Entwicklung werden hierbei nicht festgestellt, sondern eher das Gegenteil. Aus entwicklungspsychologischer Sicht erklärt sich das, weil das sozial-kognitive Lernen in der Vorschulzeit eine hohe Anstrengung für die Kinder bedeutet. Denn dieses Lernen geht gegen die entwicklungsbedingte Ichbezogenheit der Vorschul-Kinder [4]. Ein ganzer Tag in der Gleichaltrigen-Gruppe ist deshalb eine Überforderung für die meisten Kinder. Ein Kindergartentag (halbtags) ist genau die richtige Dosis, um im Spiel mit den Gleichaltrigen sozial zu lernen.
von Redaktion fürKinder/ Erika Butzmann
Quelle: Ausgabe 1/19 der DJI-Impulse
Links zum Thema
Basiswissen Nährstoffe – Menschen brauchen Nährstoffe zum Leben. Besonders Kinder im Wachstum, Ulrike von Aufschnaiter, Deutschlands kranke Kinder, 26.9.2019
Mit 1 Jahr in die Kita? Die Risiken der frühkindlichen Fremdbetreuung, Prof. Dr. Eva Rass, 5.11.2018
Es heißt immer noch Kindergarten, Angelika Mauel, ErzieherIn.de – Das Portal für die Frühpädagogik, 03.10.2019