Gestern hat Katharina ihren kleinen Sohn entbunden. Sie will unbedingt stillen und setzt sich großem Druck aus. Doch der Kleine schläft dauernd ein, wenn sie ihn anlegen will. Der Stress für Katharina wird immer größer. Ihre Hebamme verhilft ihr schließlich zu Gelassenheit und zur Geduld mit sich selbst und mit ihrem Baby.
Sabine stillt ihre Tochter schon sechs Monate. Bald muss sie wieder arbeiten, wenn sie ihren Job behalten will, auf den sie als Alleinerziehende angewiesen ist. Also hat sie begonnen zuzufüttern, damit sie die Kleine zu einer Tagesmutter geben kann bis sie einen Krippenplatz bekommt. Das Abpumpen ist ihr zu aufwändig, aber abends will sie noch eine Weile stillen und sich ganz ihrem Baby widmen.
Vanessa hat schon nach knapp drei Monaten abgestillt. Sie traute sich nicht mehr raus, wollte in der Öffentlichkeit nicht mehr stillen. Ein paar Mal haben Menschen sie komisch angesehen und zwei haben sogar abfällig über sie gesprochen. Das war ihr peinlich. Außerdem glaubte sie, dass ihre Muttermilch nicht nahrhaft genug sei, weil ihr Baby oft schrie.
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Heute macht man sich (vielfältige) Sorgen und rückt das Thema „Stillen“ wieder stärker in den Mittelpunkt: Ernährungswissenschaftler nehmen die körperliche Gesundheit für Mutter und Kind in den Fokus (1), Neurowissenschaftler forschen über die Bindungsentwicklung beim Kind (2), die Politik setzt sich für eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz in der Öffentlichkeit ein (3), und die Nationale Stillkommission (NSK) unterstützt seit 1994 die Entwicklung einer neuen Stillkultur in der BRD und hat kürzlich mit ihrer Studie „Wer stillt in Deutschland und wie lange“ Schlagzeilen gemacht (4).
Schöne Aussichten: Ein Blick in die Zukunft
2053: Zwei entspannt stillende junge Mütter in einem Café mitten im Trubel ihrer Heimatstadt schauen zurück auf vorige Generationen. Sie konnten einem schon leidtun, unsere Großmütter und Urgroßmütter. Sie kämpften für die Emanzipation und verloren ihre Freiheit, die Freiheit, wirklich und wahrhaft WÄHLEN zu können. Unter dem Druck, sie müssten irgendwie alles schaffen zerbrachen sie: gehetzt von den Vorstellungen der Wirtschaft und aller Bildungsinstitutionen, genötigt von gesellschaftlichen und familiären Erwartungen und zerrissen zwischen den Vorgaben und Gesetzen einer Politik, die es allen recht machen wollte.
Viele von ihnen verzichteten auf Kinder, weil diese einfach nicht mehr in ihren, bzw. den ihnen auferlegten, Lebensplan passten. – Erst unsere Mütter und Väter veränderten etwas. Aus einem tiefen Gefühl heraus besannen sie sich auf das pure Menschsein und ignorierten alles, was dem entgegenstand. Sie haben nämlich erkannt, dass die Natur und jede Form von Natürlichkeit einfach IST und sich weder in von Menschen gemachten Gesetzen, noch in Normen und verstandesmäßig organisierten Handlungsweisen festschreiben lassen.
Heute, im Jahre 2053, müssen wir über den Erwerb von Selbstbewusstsein, Selbstsicherheit und Werten nicht mehr diskutieren. Sie und vieles andere sind akzeptiert und individuell. Stillen zum Beispiel ist heute vollkommen selbstverständlich – im Restaurant, auf der Bank am Marktplatz, im Freundeskreis und überhaupt überall. Wir müssen deren Vorteile nicht mehr diskutieren oder gar Argumente dafür finden. Heute sind wir völlig frei in dem, wie wir uns für UNSEREN Lebensplan entscheiden. Alles ist ok und ergänzt sich im Großen auf wundersame Weise, so dass es funktioniert.
Natürlich gibt es noch Babynahrung, aber sie ist kein „Argument“ für irgendwas, sondern steht völlig neutral als „Möglichkeit“ zur Verfügung. Auch die Arbeitgeber, denen es eher um Kontrolle als um effektive und vertrauensvolle Zusammenarbeit geht, gibt es noch; ebenso ein paar antiquierte Sichtweisen, die einigen Menschen noch ein entsetztes Gesicht verursachen, wenn sie stillende Mütter in allen (gesellschaftlichen) Lebenslagen sehen. Aber unser Bildungssystem steht nach dem großen Crash vor einigen Jahren jetzt auf gesunden Beinen und setzt auf Bindung, Gemeinsamkeit, ehrliche Kooperation, echte (!) Teamarbeit, Individualität und Erfahrungslernen.
Wir danken unseren Müttern, Großmüttern und Urgroßmüttern, dass sie diesen steinigen Weg über den großen Irrtum der „Gleichmacherei“ bis zu wahrer Emanzipation, Mutterschaft, Partnerschaft und materielle wie geistige Lebenschaft für uns gegangen sind.
von Beate Dapper
Links zum Thema
Broschüre „Stillen“ – Für einen guten Start
Gutes Anlegen hilft dem Baby, mehr Milch zu bekommen und macht das Stillen angenehmer. Dieses Video zeigt, warum gutes Anlegen so wichtig für den Stillerfolg ist und was eine Mutter tun kann, um ihr Baby optimal an die Brust zu bekommen. Quelle: Global Health Media, 14.04.2021
Fußnoten – mit weiteren Informationen