Stress im Mutterleib - Foto - ingenium-design© fotoliaImmer häufiger weisen wissenschaftliche Studien hin auf den Zusammenhang von Stress im Baby- und Kleinkind-Alter mit Gesundheitsproblemen und gebremster Entwicklung des Gehirns im Jugend- und Erwachsenenalter.

Schon im Mutterleib können Babys auf „Gefahren“ mit Stress und der Ausschüttung des „Stresshormons“ Cortisol reagieren. Entscheidend aber sind die ersten Lebensjahre eines Kindes, in denen Organe und insbesondere das Gehirn ihre entscheidende Prägung erfahren.

Probleme mit Hirnentwicklung und Gesundheit

Der hohe und lang anhaltende Stress-/Cortisol-Pegel durch die Trennung von den gewohnten Bezugs- und Bindungspersonen wird auch bei der „Krippen-Diskussion“ immer deutlicher in seiner Bedeutung für die Gesundheit, die Persönlichkeitsentwicklung und die Bildungsfähigkeit der Kinder erkannt.

Zwei aktuelle Studien widmen sich diesem Thema. In einem Übersichtsartikel fassen zwei Wissenschaftler an der Universität von Kalifornien die bisher gewonnen Erkenntnisse über Stress bereits im Mutterleib und seinen Konsequenzen für die physische und psychische Gesundheit zusammen.

Wenn bereits Embryonen durch Stress und Reaktionen auf Belastungssituationen mit dem Stresshormon Cortisol „überschwemmt“ werden, zeigen sich im Baby- und Kindesalter häufiger Probleme bei der Bewältigung von Gefühlen und bei der Fähigkeit, sich auf Aufgaben zu konzentrieren. Bestimmte Regionen des Gehirns und die Verbindungen zwischen diesen Regionen sind in diesen Fällen deutlich geringer entwickelt.

Mädchen reagieren sensibler auf Stress

Kleinkinder, die in unsichere soziale Verhältnisse hineingeboren werden, deren Eltern in ständigem Streit leben oder die länger andauernd von den wichtigsten Bezugspersonen getrennt werden, zeigen später als Jugendliche wesentlich häufiger Angstzustände bis hin zu Depressionen. Allerdings sind davon vor allem die Mädchen betroffen, bei den Jungen sich diese Folgen weit weniger ausgeprägt. Diese höhere Empfindlichkeit der Mädchen hatte sich auch bereits in früheren Studien gezeigt.

Eine Langzeitstudie an der Universität von Wisconsin, in der Kinder von der Geburt bis zu ihrem 18. Lebensjahr beobachtet wurden, belegt jetzt die Entwicklung von intensiven Stresssituationen im Baby-Alter über die deutlich erhöhten Stresshormone, Cortisol, im Vorschulalter, bis hin zu gestörten Verbindungen und verringertem Umfang der verschiedenen Gehirnregionen für die emotionale und kognitive Steuerung, Amygdala und ventromedialem präfrontalem Cortex.

Die Langzeitfolgen dieser frühkindlichen Stresserfahrung waren bei den 18jährigen Mädchen vor allem Angstzustände und Depressionen. „Unsere Ergebnisse werfen neue Fragen auf, vor allem zum Unterschied zwischen Mädchen und Jungen bei der Verarbeitung von frühkindlichem Stress,“ so Prof. Richard Davidson, Leiter des Labors, in dem die Gehirn-Scans durchgeführt wurden. Allerdings zeigten auch unter normalen Umständen Frauen häufiger diese Symptome, vor allem als Jugendliche.

In der Verbindung von persönlichen Beobachtungen in den Familien, Labortests, Interviews und dem Einsatz modernster Hirnscan-Technologie ist diese Studie sicher richtungsweisend. Vor allem, so die Forscher, sollten die gewonnen Einsichten genutzt werden, um frühzeitig die jungen Familien im Umgang mit ihren Kindern zu unterstützen.

von Redaktion fürKinder

Links zum Thema

C.A. Sandman, E.P. Davis, Neurobehavioral risk is associated with gestational exposure to stress hormones, Expert Review of Endocrinology & Metabolism, 4/2012, 445-459.

Cory A Burghy et al., Developmental pathways to amygdala-prefrontal function and internalizing symptoms in adolescence, Nature Neuroscience, November 2012, vorab online veröffentlicht

Quellen: PubMed, Science Daily