Kleinkinder denken anders, lernen anders und nehmen ihre Umwelt anders wahr als Erwachsene oder auch nur als ein wenig ältere Kinder. Diese weder neue noch spektakuläre Erkenntnis wird bei der systematischen „Förderung“ und „Bildung“ schon der Kleinsten oft genug übersehen.
Ein Beispiel für frühkindliche Wahrnehmung liefert jetzt eine britische Studie, die in einer Serie von Experimenten untersucht hat, ob und wieso Kleinkinder glauben, sie seien unsichtbar, wenn sie sich die Augen zuhalten.
Schau mir in die Augen!
In vier Experimenten gingen Forscher an der Universität Cambridge diesem Phänomen nach. Zunächst einmal setzten sie den Kindern im Alter zwischen zwei und vier Jahren eine undurchsichtige Brille auf und fragten dann: „Kann ich Dich sehen?“ Fast alle Kinder antworteten mit „Nein!“. Anscheinend hielten sich die Kinder für unsichtbar. Aber auf die Frage: „Kann ich Deinen Kopf sehen?“ antwortete die große Mehrheit mit „Ja!“.
Ähnlich beim Versuch mit einer dritten Person, der unter den Augen der Kinder die dunkle Brille aufgesetzt wurde: Die Kinder bejahten die Frage, ob sie den Körper der Person sehen könnten, verneinten aber die Frage, ob sie diese Person selbst sehen könnten.
Offensichtlich meint „jemanden-sehen-können“ für die Kleinkinder etwas ganz anderes als für die Erwachsenen. Entscheidend dabei sind die Augen. Ich sehe eine Person nur – und werde von ihr nur dann als Person gesehen – wenn ich ihre Augen sehen kann.
In den darauffolgenden, zunehmend komplexeren Versuchen, bestätigte sich, dass für kleine Kinder „sehen“ und „gesehen werden“ immer dann mit der Sichtbarkeit der Augen verknüpft ist, wenn es sich beim Gegenüber um eine Person – und nicht nur um einen Körper – handelt. Je jünger die Kinder in der Studie waren, desto stärker war diese Bindung an den Augenkontakt.
Indirekt wird mit diesem Experiment bestätigt, dass Kleinkinder nicht primär über immer mehr Außenanreize lernen und etwas über sich selbst erfahren, sondern immer im Kontakt mit der vertrauten Bezugsperson, von der aus und im Sichtkontakt mit ihr die Dinge in der Umwelt erforscht und „begriffen“ werden.
von Redaktion fürKinder
Quelle: ScienceDirect