Anregungen fürs Kind - Foto Igorad © iStockVernachlässigte Kleinkinder, egal ob in Familie oder Krippe, können die riesigen Entwicklungs-Potentiale nicht ausschöpfen, die das frühkindliche Gehirn bietet. Ein „zu wenig“ an anregender Umgebung und intensivem „Dialog“ mit vertrauten Personen lässt das kindliche Gehirn „schrumpfen“. Eine Tatsache, die inzwischen vor allem von gebildeten Eltern verstanden wird – aber eben auch gelegentlich missverstanden!

Denn: Immer mehr Anregungen, mehr „Förderung“, ausufernde und durchgestylte Bildungsprogramme in Krippe und Kindergarten können genau den gleichen Effekt auf die kindliche Lernwelt ausüben wie die Vernachlässigung: Das überstrapazierte Gehirn des Kleinkinds erschöpft sich in „Verteidigungsstrategien“ gegen die Überforderung und baut, wenn diese Überforderungen und Überreizungen anhalten, Lernpotentiale im Hirn dauerhaft ab. Aus produktivem, vorübergehenden Stress wird „toxischer“, giftiger Stress mit dauerhafter Schädigung der Fähigkeit im Umgang mit Herausforderungen und Fehlschlägen.

Das haben jetzt einmal mehr Wissenschaftler der renommierten Yale University – allerdings aus naheliegenden Gründen nicht an Babys sondern an Mausmodellen – nachgewiesen.

Überstimulierung blockiert die Hirnfunktion bei Baby-Mäusen …

Die Forscher stimulierten die jungen Mäuse durch Berührungen, verlängertes „Training“ im Laufrad oder länger anhaltende laute Geräusche. Wenn diese Einflüsse über fünf Tage oder länger andauerten, verengten sich die Bltugefäße im Gehirn der Mäusebabys und Verbindungen zwischen den Gefäßen wurden gekappt. Das Gehirn wurde nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt und damit die Arbeit der Nervenzellen und ihrer Verknpfungen behindert.

Wenn diese „Überstimulierung“ über länger als einen Monat andauerte, waren die Veränderungen im Gehirn nicht mehr zu korrigieren. Die jungen Mäuse hatten einen wesentlichen Teil ihrer Lernfähigkeit eingebüßt.

Bei der Übertragung dieser Ergebnisse auf den Menschen formulieren die Wissenschaftler vorsichtig: „Überzogene sensomotorische Stimulation und Aktivierung der neuronalen Verbindungen im frühkindlichen Gehirn könnte zu einer lebenslangen Einschränkung der kleinen Blutgefäße im Gehirn und damit der Entwicklung und Funktion des Gehirns führen.“

In einem programmatischen Aufsatz mit dem Titel: „Protecting Brains, Not Simply Stimulating Minds“ – deutsch: „Das Gehirn (der Kinder) schützen, nicht bloß den Verstand stimulieren“, hatte bereits vor einigen Jahren der Harvard-Professor Jack P. Shonkoff auf die Gefahr einseitiger kognitiver Über-Stimulierung hingewiesen.

… und Vernachlässigung lässt das Kinderhirn „schrumpfen“

Den gleichen Effekt: Einschränkung der Gehirnfunktion, tritt aber auch im gegenteiligen Fall ein, bei Vernachlässigung und „Unterstimulierung“ bei  – hier jetzt: menschlichen – Babys.

von Redaktion fürKinder

Links zum Thema

Christina Whiteus et al., Perturbed neural activity disrupts cerebral angiogenesis during a postnatal critical period, Nature, 04. Dezember 2013, vorab online publiziert

„the science of neglect“, Eine Zusammenfassung (in englischer Sprache) der Forschungsergebnisse des Center on the Developing Child der Harvard Universität, Boston

Quelle: Science News