„Wenn das Kita-Personal Kleinkindern „nur ungern“ etwas „vorschreiben“ will“ (Freia Peters, 27.12.2024) … so titelt die Tageszeitung Die Welt, und schreibt weiter: „Der in deutschen Kitas verbreitete bedürfnisorientierte Erziehungsstil richtet sich konsequent nach den Wünschen der Kleinkinder. Besonders gut auf die Schule bereitet er nicht vor…“
Zwar sind viele der in diesem Artikel genannten Aspekte richtig. Es ist sicherlich richtig, dass eine Erziehung, in der alle Wünsche kleiner Kinder erfüllt werden, problematisch ist – dies überfordert nicht nur die Kinder, die für ihre psychische Sicherheit Orientierung und bisweilen auch Grenzen brauchen, sondern auch die Erziehenden selbst.
ABER: Der im Artikel beschriebene Erziehungsstil hat nichts mit der bedürfnisorientierten Erziehung zu tun! Wenn wir uns an den Bedürfnissen kleiner Kinder orientieren, dann geht es nicht um Wünsche, sondern um grundlegende kindliche Bedürfnisse nach Bindung und Nähe, nach Autonomie und Exploration. Und es geht darum, diese grundlegenden kindlichen Bedürfnisse zu sehen, wertzuschätzen und dies dem Kind zu zeigen.
Wenn ein Kleinkind vor dem Abendessen unbedingt noch einen Keks haben möchte, ist das zunächst ein Wunsch, kein Bedürfnis. Und wenn das Kind den Keks mit einem tosenden Wutanfall versucht zu erstreiten, ist das immer noch kein Grund, im Sinne der bedürfnisorientierten Erziehung den Keks rauszurücken. Sinnvoll wäre es aber, das Bedürfnis zu sehen, das hinter diesem Wutanfall steht: Das Bedürfnis nach Autonomie („Ich habe Hunger und möchte selbst entscheiden, wann und was ich esse!!“). Und wenn wir dem Kind spiegeln, dass wir dieses Bedürfnis sehen, und versuchen, einen Kompromiss auszuhandeln, so dass das Kind das Gefühl hat, mitentscheiden zu dürfen („Möchtest Du jetzt eine Möhre oder nach dem Essen einen Keks? Du entscheidest!“), dann fühlt es sich wertgeschätzt und lässt sich zudem meist ganz gut lenken.
von Nicole Strüber
Sind Eltern zufrieden und glücklich entwickeln sich ihre Kinder zu kleinen Persönlichkeiten mit einer großen Portion gesundem Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl. Doch was brauchen Familien, damit Spannungen und Konflikte gar nicht erst aufkommen und wie gestalten sie ihre Beziehung und erhalten sie aufrecht? Was wäre nötig, damit Väter selbstbewusst die Vaterrolle annehmen, die Verteilung der Familienarbeit gerecht aufgeteilt ist und die Unstimmigkeiten im Hinblick auf die Kindererziehung nicht ständig Thema sind. Kann Familie gelingen, wenn geschlechtsspezifisches Denken, Wahrnehmen und Verhalten im täglichen Miteinander berücksichtigt wird – und welche konkrete Unterstützung können Familien von der Gesellschaft erwarten, um diesen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen?