Corona oder Läuse - Foto iStock © fizkes

Es ist bereits einige Jahre her, als an unserer Schule wieder einmal die Kopfläuse umhergingen. Die Kinder wurden instruiert, was zu tun oder eben nicht zu tun sei, um sich diese Viecher vom Leibe zu halten. Unter anderem wurde geraten, auf Körperkontakt zu verzichten.

Eines unserer Kinder zeigte sich immer wieder sehr besorgt, ob es sich vielleicht doch Läuse eingefangen habe. Abends konnte es deswegen manchmal fast nicht einschlafen. So setzte ich mich eines Abends ans Bett des Kindes und fragte, was es denn sei, dass ihm so Angst mache. Schließlich könne man doch Läuse einfach behandeln, es sei zwar lästig aber nicht weiter schlimm oder schmerzhaft.

Die Antwort des Kindes werde ich nie vergessen:

„Mama, es ist nicht wegen den Läusen selbst! Es ist, weil du dann nicht mehr mit mir kuscheln kannst, wegen dem Übertragen!“

Und schon flossen Tränchen…

Nachdem ich meinem Kind versichert habe, dass ein paar so lächerliche Läuse mich doch nicht davon abhalten könnten, ihm nahe zu sein und es in den Arm zu nehmen, war die Sache erledigt.

Und ich hatte etwas Wichtiges gelernt: Nicht immer ist das, was wir von Außen sehen auch der wirkliche Grund für die Angst und Unruhe des Kindes. Und eine der größten Ängste von uns Menschen und bei Kindern sicher die größte Angst überhaupt ist die Angst vor Trennung, von denen die sie lieben. Anders ausgedrückt, ist diese Nähe zu den Bezugspersonen sichergestellt und nicht bedroht, lassen sich die anderen Schwierigkeiten des Lebens vergleichsweise leicht meistern.

Kinder brauchen diese Botschaft, dass uns nichts trennen kann immer und immer wieder! Sie müssen sich willkommen fühlen in unserer Gegenwart, bedingungslos angenommen. Nur so können sie zur Ruhe kommen – und reifen.

Die momentane Situation um das Coronavirus hat mich darum an diese Geschichte mit den Läusen erinnert, weil es für Kinder gerade auch jetzt essenziell wichtig ist, diese Botschaft immer wieder zu bekommen. Ganz besonders jene Kinder, die ihre Umgebung sensibel wahrnehmen und die unsere Unsicherheiten und Ängste unweigerlich spüren. Sie brauchen es am dringendsten: »Ja, es ist gerade schwierig und unsicher, ABER ich werde immer deine Mama sein, ich werde dich immer lieben und für dich da sein.«

Das zu vermitteln ist unser wichtigster Job!

Ihre Angela Indermaur

Ein Beitrag aus unserer Kolumne:

Menschen(s)kinder


Uns beschäftigen aktuell öffentlich diskutierte Themen rund um den Erziehungsalltag genauso wie das gesunde Aufwachsen der Kinder und die notwendigen Bedingungen für die optimale Entwicklung ihrer je besonderen Persönlichkeit. In einer regelmäßig erscheinenden 14-tägigen Kolumne geht unsere Kolumnistin Angela Indermaur Fragen zur kindlichen Entwicklung, des Aufwachsens und Lernens nach. Was brauchen Kinder wirklich? Wo bleibt der Freiraum für spontanes Lernen und Selbsterkundung? Müssen Kinder ständig umsorgt, angeleitet und gefordert werden? Schadet Fürsorglichkeit und Geborgenheit unseren älteren Kindern? Welche Aufgabe haben heute Eltern? Wie gelingt der Aufbau einer intensiven Eltern-Kind-Bindung? Gibt man sein Frausein mit dem Muttersein auf und was ist mit den Vätern?