Muttertag - Foto iStock © filadendronWer kennt sie nicht, jene Situationen, in denen man froh wäre, wenn die eigenen Kinder einfach funktionieren und kooperieren würden. Oft wünscht man sich das besonders in Situationen, in denen es einem selbst gerade nicht gut geht, wenn man selbst keine Energie oder Kraft hat.

Und ja, es gibt sie, jene Kinder, die in diesen Momenten geradezu zur Hochform auflaufen. Ich habe so ein Kind. Oft fragt sie mich, ob ich Kopfschmerzen habe, bevor ich es selbst wirklich registriert habe. In der Zeit, als ich nach der Knie-Operation mit Krücken und möglichst das Bein hochlagernd hier zu Hause war, war es für sie selbstverständlich, mir meine Sachen nachzutragen, Kühlbeutel auszuwechseln und kleine Arbeiten im Haushalt zu erledigen. Es war keine lästige Pflicht, sondern sie hatte sogar Spaß daran und merkte oft, was gemacht werden muss, bevor ich etwas sagte.

Dreimal darf man raten, was sie für einen Beruf erlernen wird. 😉

Zugegeben, manchmal machte ich mir Sorgen, dass es zu viel an gefühlter Verantwortung für das Kind sein könnte. Dann machte ich aber eine spannende Beobachtung: zwischendurch kam meine Mama zu uns zu Besuch, um dieses und jenes im Haushalt zu erledigen. Und kaum war sie da, wurde sie von meiner Tochter gefragt, ob sie ihr wohl gekochte „Apfelschnitzchen“ machen könnte. Meine Tochter hätte sich solche Apfelschnitzchen auch selbst kochen können. Aber dass sie ihre Omi darum bat, zeigte mir, dass sie sich trotz der Verantwortung, die sie temporär übernahm, immer noch versorgen lassen konnte.

Und das ist so wichtig. Solange beides möglich ist, müssen wir uns keine Sorgen machen und es kann sogar ein Gewinn sein für das Kind, wenn es erlebt, dass es wirklich gebraucht wird.

Wenn das Kind aber in die Versorgerrolle schlüpft und darin stecken bleibt, wenn es sich gar nicht mehr versorgen lassen und anlehnen kann, dann müssen wir genauer hinschauen. Wenn Kinder über längere Zeit die Verantwortung für uns Eltern und für unser Wohlbefinden übernehmen (müssen) und vor allem wenn dies auch die seelische Ebene betrifft, dann sollten wir uns dringend Gedanken machen, wie man die Situation so verändern kann, dass das Kind wieder Kind sein kann. Kinder brauchen, um zu reifen, unbedingt die Sicherheit und Geborgenheit einer nährenden Beziehung. Sie brauchen Erwachsene, die sie versorgen und sich um sie kümmern.

In unserem Fall konnte ich dies zum großen Teil trotz des verletzen Knies geben. Dennoch tat es gut, dass zwischendurch die Omi da war und auch für die körperlichen Bedürfnisse sorgen konnte. Denn wie sagt man so schön:

Liebe (und Geborgenheit) geht durch den Magen!

Ihre Angela Indermaur

Ein Beitrag aus unserer Kolumne:

Menschen(s)kinder


Uns beschäftigen aktuell öffentlich diskutierte Themen rund um den Erziehungsalltag genauso wie das gesunde Aufwachsen der Kinder und die notwendigen Bedingungen für die optimale Entwicklung ihrer je besonderen Persönlichkeit. In einer regelmäßig erscheinenden 14-tägigen Kolumne geht unsere Kolumnistin Angela Indermaur Fragen zur kindlichen Entwicklung, des Aufwachsens und Lernens nach. Was brauchen Kinder wirklich? Wo bleibt der Freiraum für spontanes Lernen und Selbsterkundung? Müssen Kinder ständig umsorgt, angeleitet und gefordert werden? Schadet Fürsorglichkeit und Geborgenheit unseren älteren Kindern? Welche Aufgabe haben heute Eltern? Wie gelingt der Aufbau einer intensiven Eltern-Kind-Bindung? Gibt man sein Frausein mit dem Muttersein auf und was ist mit den Vätern?