Pfusch am Kind: Die Bildungstäuscher und Bildungsfälscher

Dieses Buch von Claus-Dieter Weiß ist für alle Eltern eine Herausforderung. Es ist nicht möglich, ein Kind in eine Kita zu geben, wenn man es gelesen hat. Die Kritik dieses Autoren, dessen Expertise über jeden Zweifel erhaben ist, weil er in diesem Bereich an allen relevanten Orten gearbeitet hat und es noch tut, ist eine schallende Ohrfeige für die sogenannten Bildungsplaner oder Bildungspolitiker.

Claus-Dieter Weiß wühlt sich thematisch durch 10 relevante Fragen zur Frühpädagogik, deren Beantwortungen immer negativ ausfallen. Selbst, wenn interessierte Eltern sich nur für Teilaspekte interessieren – etwa für die Fürsorge der Kinder oder ob es überhaupt Herausforderungen für die Kinder gibt – so finden sie immer eine sehr ausführliche Darstellung des (jämmerlichen) Istzustandes unserer Kitas.

Wenn Erzieherinnen gestresst und überfordert sind …

Er beleuchtet die Strukturen, das System Kita von der Gesetzgebung bis zur konkreten personellen Unterbesetzung, Unterfinanzierung, mangelnder Qualifizierung etc. in den Kitas.

Anke Elisabeth Ballmann mit ihrem Buch „Seelenprügel“ geht noch weiter ins Detail und zeigt auf, wie grausam sich die Situation auf die Kommunikation und die vielen Alltagssituationen auswirkt, wenn Erzieherinnen den Kindern begegnen. Das Verhalten der Erwachsenen als unsensibel zu bezeichnen, ist verharmlosend.

Die Kritik von Claus-Dieter Weiß ist umfassend und offen. Er schont weder die ausbildenden Schulen, noch die politischen Entscheider, noch die Fachberater, noch die Leitungen, noch die Erzieherinnen. Indem er den Mangel erklärt und vieles verständlich macht, heißt das noch lange nicht, dass er den Umgang mit den Kindern billigt.

Gestresste und überforderte Erzieherinnen sind nicht gut zu den Kindern.

Aber sie haben trotzdem Verantwortung. Trägervertreter und Leitungen verwalten nur noch Mangel und sind willfährig gegenüber Politik und Eltern. Aber auch sie tragen Verantwortung und sind in erster Linie gegenüber dem Wohl der Kinder verpflichtet.

… braucht Kita-Personal Hilfe

Die Tatsache, dass in den letzten zwei Jahren unfassbare Geldmengen für die Gesundheitsfürsorge, sprich das Corona-Management, und neuerdings auch für die Aufrüstung mit sehr leichter Hand zur Verfügung gestellt werden, wirft sich die Frage auf, warum in den letzten 30 Jahren keine Schule und keine Kita ausreichend, auskömmlich finanziert worden ist. Immer hieß es, es ist kein Geld da und wenn zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt wurden, sind sie bei den Kitas nie angekommen.

Auch das benennt der Autor und stellt dann aber diese Frage nicht: Ist es vielleicht politisch gewollt, dass das System Kita zuerst durch den massiven Ausbau der Ganztagsplätze vor allem für die ganz Kleinen gepuscht wurde, um es dann als Marketing „Bildung“ in Form einer Discounterbetreuung vor sich hin dümpeln zu lassen? Ist es politisch gewollt unter der Federführung der Bertelsmannstiftung, die z. B. in NRW die Bildungsgrundsätze in das damals neue Kinderbildungsgesetz hinein diktiert hat, die Kinder über lernplanmäßiges Lernen in den Kitas schon sehr früh in Überanpassung und fremdbestimmtes Lernen zu pressen?

Professor Fthenakis, den Claus-Dieter Weiß als Bildungsforscher zitiert, war einer der ersten und der lautesten „Experten“, die den Gedanken der Optimierung des Humankapitals in wohlklingende, pädagogisch wertvolle anmutende Formeln verpackte und propagierte.

und Kinder „Bindung vor Bildung“

Kurz: Bei den Kindern soll offensichtlich nur noch eine Botschaft ankommen: Du genügst nie.
Es geht bei dem Bildungsauftrag für die Kitas nicht um Entfaltung, gesunde Entwicklung, ein buntes Leben und entspanntes Erforschen der eigenen Möglichkeiten. Deshalb bedarf der Entwurf einer idealen Kita, den Claus-Dieter Weiß in seinem Buch „Pfusch am Kind“ wagt, einiger Ergänzungen. Oder es braucht noch etwas mehr Mut: die Bankrotterklärung der Institution Kita.“

von Ulla Wesseler

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