Dibbern_Julia_verwoehn_dein_baby_nach_herzenslust

Julia Dibbern
Verwöhn dein Baby nach Herzenslust
9 Verwöhn-Bausteine für den Start ins Leben
BELTZ-Verlag
ISBN:978-3-407-85997-6
240 Seiten
14,95 Euro

Kinderwagen oder Tragetuch? Was, wenn das Stillen nicht klappt? Werde ich eine gute Mutter sein? Eine Schwangerschaft ist beides – ein rührendes Wunder, weil neues Leben entsteht, aber auch ein tiefes unbekanntes Gewässer, in welches man sich fallenlassen muss, ohne zu wissen, wie Fallen eigentlich geht. Julia Dibbern schafft es in ihrem neuen Ratgeber „Verwöhn dein Baby nach Herzenslust“ all diesen Fragen Leichtigkeit einzuhauchen, auf eine so charmante Art und Weise, dass ich als Noch-Nicht-Mama jedes Kapitel mit Genuss gelesen habe. Und wenn ich mich näher im Spiegel betrachte – sind da nicht ein paar Lachfältchen hinzugekommen?

Das Buch ist unterteilt in neun Verwöhnbausteine, die verschiedenartig, Stein auf Stein oder kreuz und quer, zu einem individuellen Familienkunstwerk zusammengebaut werden können, je nachdem wie es die Familie und vor allem der Neuankömmling braucht. Als wichtigsten Baustein nennt die Autorin die Nähe und Liebe. Beides bildet das Fundament, auf dem das Kunstwerk später einmal möglichst stabil stehen wird.

„Es ist gut, wenn Sie sich […] bewusst machen, dass das allergrößte und allerwichtigste Geschenk , das Sie ihm machen können, schlicht Sie selbst sind. Ihre Zeit, Ihre Persönlichkeit, Ihre Liebe und Hingabe“ (S. 26)

Beim Baby hört der Spaß auf?

Wenn ein Pärchen erzählt, es habe eine Woche Wellness am Bodensee gebucht, ertönt meist ein zähneknirschendes „Ahhhh, DAS ist ja schööööön“ durch den neidischen Bekanntenkreis. Auch die Gurkenmaske unter Freundinnen gehört fast schon zum guten Ton, um zu den gepflegten Mid-40ern zu zählen. Wenn es um das eigene Kind geht, so meint Dibbern, höre der Spaß komischerweise auf.

In diesem Fall sei Verwöhnen plötzlich unziemlich und man müsse sich als Eltern dafür rechtfertigen, dass das Baby mit(ten) im Bett schlafen darf und Mama zum schunkelnden Muttertier wird, sobald Klagelaute aus dem kleinen Mündchen kriechen. „Quatsch“, so die Meinung der Autorin. Sie rudert vehement dagegen und ruft in ihrem Buch dazu auf, sein Kleines vom Köpfchen bis hinunter zu den Zehen zu verwöhnen, denn:

„Ein nach Strich und Faden verwöhntes Baby weint weniger, schläft besser und ist insgesamt zufriedener und auch gesünder als andere Babys […]“ (S. 16)

Auf diese Weise wird aus dem Wohlfühl-Paket fürs Baby, ein Kombi-Paket für die ganze Familie, weil ein rundum versorgtes Baby auch der Elternseele guttut.

Mit Verwöhnen meint Julia Dibbern das Erfüllen der biologischen und emotionalen Grundbedürfnisse, was nicht nur zum Vergnügen aller Beteiligten beitrage, sondern primär notwendig für den Sprössling sei. Schließlich hat es „JETZT Hunger, ihm ist JETZT kalt, es muss JETZT pinkeln, es braucht JETZT Nähe, es ist JETZT müde“.

Ein Kleinkind, so macht es Dibbern an dieser Stelle deutlich, lebt im Jetzt, von Augenblick zu Augenblick. Erfüllt man die Bedürfnisse also nicht sofort und lässt die Hunger-, Kuschel- oder Wärmepolizei erst nach einigen Minuten ausrücken, könne das beim Kind existenzielle Nöte auslösen. Dibbern rät den lesenden Eltern deshalb, sich sein Kind zum Vorbild zu nehmen, um seine Prioritäten neu zu ordnen und wieder mehr in der Gegenwart anzukommen.

„Wenn Sie sich darauf einlassen, dass Ihr Baby Sie JETZT ganz und gar braucht […], werden Sie […] so viel lernen und wachsen, dass Sie sich nach einem Jahr kaum wiedererkennen“ (S. 22)

1. Baustein: Das Fundament „Nähe“

Was braucht ein Kind wirklich? Natürlich, die unendliche Elternliebe und natürlich klingt diese Antwort sehr simpel. Aber vielleicht ist es genau das, ziemlich simpel? Ein Kind braucht laut Dibbern keine Flügelhemdchen und stilsicheren Söckchen, die genau zu dem stilsicheren Strampler passen. Die Autorin hat bestimmt nichts gegen modebewusste Babys, aber der Sprössling, so kann es Julia Dibbern in ihrem Buch nicht oft genug betonen, braucht eigentlich NUR seine Eltern – ihre Nähe, ihre Liebe, ihren Schutz und ihren Geruch.

Dass nicht über jede Situation hinweggekuschelt werden kann, macht das Buch deutlich. Es geht auch auf die düsteren Regenwolken ein, die das Familienkunstwerk ganz schön ins Wanken bringen können. Eine davon ist, wenn das mit der Bindung nicht von Anfang an klappen möchte. Hier gibt Dibbern Entwarnung: So wie jede andere Beziehung im Leben wachsen muss, kann auch diese einzigartige Beziehung zwischen Mutter und Kind etwas Zeit brauchen.

„Sie haben viele gemeinsame Jahre vor sich. Viele schöne Erlebnisse. Viel Zeit, auch Versäumtes wieder auszugleichen“ (S. 48)

2. Baustein: „Verwöhnen beginnt vor der Geburt“

Willkommen im Erdgeschoss des Kunstwerkes, nun geht das Verwöhnen erst richtig los. Klingt prima? Das ist es auch. Julia Dibbern lädt alle schwangeren Frauen zum Wohlfühlen ein. Sie ist sich sicher: Wenn es Mama so richtig gut geht, spürt auch das Ungeborene dieses wohlig warme Gefühl. Die Autorin nennt das liebevoll Postkarten von draußen. Diese wollen mit viel Sorgfalt geschrieben werden, sei es durch das gesunde Essen, was Mama Tag für Tag mit allen wichtigen Inhaltsstoffen versorgt, durch die lieben Menschen, mit denen sich Mama so gerne umgibt oder mit Hilfe der Meditations-CD, die Mama abends so schön in den Schlaf gleiten lässt.

„Sie sind das Wellness-Hotel für Ihr Baby. Diese Aufgabe können Sie nur erfüllen, wenn es Ihnen gut geht“ (S. 57)

Aber was war mit den weniger rosafarbenen Wolken? Klar gibt es auch Stressfaktoren im Leben einer Schwangeren, sei es das Umfeld, was eindeutig nicht schwanger ist und sich nicht an den Wellness-Plan hält, oder die vorgeburtlichen Untersuchungen, die angepriesen werden, als seien sie notwendig, damit das Baby bei der Geburt auch wirklich unten herauskommt und nicht zu den Ohren – tut mir leid, ich glaube Julia Dibbern hat mich mit ihrem Witz ein wenig angesteckt. Diese vielen, vielen Fragen, wie: „Was ist, wenn ich Stress habe?“, „Welche Untersuchung ist wichtig und welche vollkommen überflüssig?“, „Wie gehe ich damit um, wenn ich Angst um mein Ungeborenes habe?“, beantwortet die Autorin sehr ausführlich.

Folgendes Zitat zeigt eine der Grundstimmungen des Buches, nämlich dass alles so natürlich wie möglich passieren sollte, besonders die natürlichste Sache der Welt – die Schwangerschaft einer Frau. „Ich glaube, dass die Natur es nicht ohne Grund so eingerichtet hat, dass ein Baby im Verborgenen heranwächst – unbeobachtet und in intimem Wechselspiel mit seiner kleinen Welt“ (S. 73)

3. Baustein: „Geborgen geboren“

Nach etwa neun Monaten Verwöhnprogramm für Baby und Mama ist es soweit. Die erste Etage wird fertig und der Nachwuchs möchte die Welt da draußen begrüßen.

Nun beginnt die wohl sensibelste und aufregendste Phase für eine Schwangere und ihr Kleines. Kleinste Unsicherheiten könnten jetzt den Geburtsvorgang und das Baby stören. Deshalb sei es laut Dibbern ganz wichtig, dass sich eine Schwangere vor der Geburt Gedanken macht, wie sie sich diesen besonderen Moment vorstellt. Das soll sicherstellen, dass sich die Schwangere zum Zeitpunkt der Geburt geborgen fühlt. Nur dann können die Hormone den kleinen Sprössling auf den Weg schicken. Wie sich eine geborgene Geburtshöhle gestalten lässt, welche Rolle der Papa dabei spielt und warum die natürliche Verbindung der Nabelschnur nicht sofort unterbrochen werden sollte, erfahren Bald-Mama und Bald-Papa in diesem Kapitel.

4. Baustein: „Gute warme Milch“

Die kritische Bauphase ist nun vorüber, jetzt heißt es erst einmal stärken, an der wohl powerhaltigsten Wundermilch die es gibt, der Muttermilch.

In diesem Kapitel lernen die frisch gebackenen Eltern nicht nur viel über die Muttermilch anderer Säugetiere, sondern auch warum das Stillen so wichtig für Babys ist und wie es am besten klappt, denn „richtiges Stillen wird auch von Mutter und Baby [erst] gelernt“. Hierfür hat Julia Dibbern Tipps zusammengestellt, die zum Beispiel verraten, dass die gesamte Brustwarze im Mund des Säuglings verschwinden sollte. Auch den Papa bezieht Dibbern mit ein. Keine Sorge, er muss sich keinen Still-BH zulegen, sondern bekommt die ehrwürdige Aufgabe des Beschützers. Als überzeugte Still-Mama fühlt man sich oft unangenehmen Bemerkungen oder Blicken ausgesetzt, dem könne der Mann an ihrer Seite entgegenwirken.

Die Frage, wie lange gestillt werden sollte, beantwortet Dibbern kurz und knapp: Genau so lange, wie es Baby und Mama gut finden. Aber was, wenn es gar nicht klappen möchte? Auch die Autorin wurde nicht gestillt, der Leser erfährt mit Hilfe ihrer persönlichen Geschichte, wie auch solche Sorgen überwunden werden können.

„Ich habe nie einen Tropfen Muttermilch bekommen, aber die Nähe, die durch das Stillen entsteht, habe ich trotzdem bekommen. Ich kann mir nicht vorstellen,  dass jemand seiner Mutter näher sein kann, als ich es gewesen bin“ (S. 138)

Dibbern zeigt: Auch mit Flasche kriegt man notfalls sein Kind groß und stark, für die Welt da draußen. Außerdem erfährt der Leser, wie das mit der Beikost funktioniert, welche Vorteile das Baby-Led-Weaning hat und was man seinem Baby keinesfalls servieren sollte.

(Anmerkung der Redaktion: Professionelle Hilfe zum Stillen finden Mütter bei www.lalecheliga.de, www.afs-stillen.de, www.hebammensuche.de, www.bdl-stillen.de)

5. Baustein: „Schlafen“

„Und, schläft er schon durch?“. Die Frage mit der dieses Kapitel eingeleitet wird, löst bei den lesenden Mamas sicher ein genervtes „Puh“ und bei Nicht-Mamas wie mir ein verständnisvolles Schmunzeln aus. Dennoch taucht sie oft auf, sobald es um Säuglinge und ihren Schlaf geht. Dass dabei Familienbett für Dibbern eine wunderbare Schlafsituation darstellt, erfährt der Leser in diesem Kapitel.

6. Baustein: „Baby in Bewegung“

Es war ein Dilemma. Da steht er nun, der neue Kinderwagen. Ein hellblauer Traum aus Biobaumwolle und der kleine Zwerg mochte ihn nicht. So wie Dibbern geht es sicher vielen Eltern, sie bereiten alles vor, möchten alles schön und perfekt haben – und dann kommt es doch ganz anders, als geplant. Wie gut, dass es Ratgeber wie diesen gibt, die zeigen: Dieses Problem hat auch der Rest der Elternwelt. In diesem Fall ist die Autorin auf ein Tragetuch umgestiegen und erklärt, warum das sogar eine ganz tolle Sache sein kann.

Was ihr bei der Mobilität mit Kind, sei es im Kinderwagen oder Tragetuch, ganz besonders wichtig ist: Der Hautkontakt. Er darf keinesfalls zu kurz kommen, bei all dem stolzen „Herumgetrage“ und „-geschiebe“.

7. Baustein: „Luft am Po“

Viele Eltern ziehen ihr Kleines sofort wieder an, nachdem es fertig gewickelt ist. Schließlich sieht der kleine Windelpo ziemlich nett im Strampler aus und sicherer für den weißen Wohnzimmerteppich ist diese Variante auch, oder?

In diesem Kapitel lernen Mama und Papa die Vorzüge einer Wegwerf- und die einer Stoffwindel kennen. Aber auch, wie es ohne beides funktionieren kann. Denn ein wenig Luft am Po, tut dem Sprössling gut und hält laut Dibbern sogar für Eltern ein paar Vorzüge bereit. Falls man mit Windelfrei nichts anfangen kann, rät die Autorin, Kinder nicht sofort wieder anzuziehen, nachdem sie ihr Geschäft verrichtet haben. Auf diese Weise könne aus dem Wickeltisch ein wunderbar warmer und liebevoller Ort werden, an dem das Baby sich und seine Eltern ganz nah spüren darf. „’Wir haben dich lieb’“, sagten unsere Hände. ‚Du bist hier sicher und warm’“ (S. 195)

8. Baustein: „Trösten und zuhören“

Eigentlich erscheint es ganz natürlich, dass man sein Kind tröstet, sobald es Kummer hat, gerade, wenn es noch ganz klein ist und nicht jedes Problem sofort artikulieren kann: Hat es Hunger? Sitzt ein Pups quer? Macht ihm etwas Angst? Und doch gibt es auch die Haltung, das Baby ein wenig weinen zu lassen. Für die Autorin undenkbar. Zwar sei ein weinendes Baby längst kein Drama, Mama und Papa müssten sich also keine Gedanken machen, „wichtig ist nur, dass Babys in ihrem Schmerz nicht alleingelassen werden“, so Dibbern. Sie plädiert dazu, sein Kind immer ernst zu nehmen und ihm zuzuhören. Selbst, wenn das Kind gerade gegessen, gepupst und kurz zuvor noch glücklich auf seinem Lieblingsspielzeug herumgekaut hat, möchte es manchmal einfach lauthals etwas loswerden.

„Er wollte nicht stillen. Er wollte nicht auf dem Petziball herumhopsen. Er wollte nicht im Fliegergriff durch die Gegend getragen werden. Er wollte nicht beruhigt werden. Er wollte weinen“ (S. 230)

9. Baustein: „Ersatzeltern“

Im letzten Kapitel nimmt uns Dibbern mit auf die spannende Reise nach Afrika, zunächst zu dem Volk der !Kung, einem Jäger- und Sammlervolk aus dem namibischen Busch. Dort verbringt das Baby die meiste Zeit bei seiner Mutter im Tragetuch und wird oft von ihr gestillt. Beim Volk der Efe, einem Stamm aus dem Kongo, wird das Kind in eine große Gruppe Frauen hineingeboren, die sich von Anfang an um das Kleine kümmern und es an ihre Brust lassen, egal, ob die weibliche Bezugsperson Milch hat oder nicht.

Was Julia Dibbern mit diesen Beispielen zeigen möchte, ist: Es gibt nicht das eine richtige Modell, was für jede Familie gelten muss. Je nach Alter, Temperament und Sensibilität der Kindes muss letztendlich jede Familie für sich einen Weg finden, sei es die Beteiligung von Schwiegereltern-, Tagesmutter-, Krippen- oder die Vollzeit-Mama-Variante. Die Autorin ist sich sicher, dass nichts davon besser oder schlechter ist. Aber sie betont, dass auch die Vollblut-Mama ein wenig Unterstützung braucht und nicht fürs Alleinsein gemacht ist. Genauso muss bei der Fremdbetreuung durch Dritte gesichert sein, dass es dem Kind dort auch wirklich gut geht.

Wie jede Familie die für sie passende Lösung findet, verrät Julia Dibbern im letzten Kapitel ihres Buches. Grundsätzlich glaubt sie: „Wenn Sie wach bleiben und mit Ihrem Kind in Kommunikation bleiben, kann wenig schiefgehen“ (S. 247)

Ein Mutmacher für frischgebackene Eltern

Kinderwagen oder Tragetuch? – Ihr Schützling wird Ihnen die Frage abnehmen.
Was, wenn das Stillen nicht klappt? – Dann eben mit Flasche und viel Körperkontakt. (Red.: Infos über andere Fütterungsmethoden und einer liebevollen Annahme z.B. bei www.stillkinder.de)
Werde ich eine gute Mutter sein? – Vertrauen Sie auf Ihre Kraft.

Julia Dibbern beherrscht es, die Fragen und Probleme, die vor, während und nach einer Schwangerschaft entstehen, mit wunderbarer Harmonie zwischen Charme und unbeschönigter Direktheit, zwischen Spaß und Ernsthaftigkeit, zu entfesseln. Auf diese Weise werden aus scheinbar aussichtslosen Situationen welche, die Mama und Papa meistern können. Sie schafft das, durch…

…Humor:

Ihre Art zu schreiben hat mir das ein oder andere Lachfältchen beschert. Und ich glaube, etwas besseres kann einer kugelrunden, Schwangeren nicht passieren, als so etwas zu lesen:

„Wir versuchen, uns in alle Richtungen zu dehnen wie Elasticgirl aus dem Animationsfilm ‚Die Unglaublichen‘: Perfekte Frau, perfekte Arbeitskraft, perfekte Mutter. Bloß keinem auf die Nerven gehen mit unseren schwangeren Zipperlein. Es ist vielleicht an der Zeit, wieder ein bisschen zurückzurudern und netter zu uns selbst zu werden. Wie gesagt, ihr Körper verrichtet gerade ein Wunder “ S. 60

…Ehrlichkeit:

Dibbern erzählt sehr oft aus ihrem eigenen Leben als Mutter, was eine Brücke zum Leser binnen weniger Zeilen baut und ihm das Gefühl gibt: Die weiß, wovon sie spricht. Und sie will helfen, damit es bei mir besser läuft.

Und sie hilft, entweder indem sie den Leser köstlich zum Schmunzeln bringt, wenn sie davon erzählt, dass ihr Mann und sie sich einen hellblauen Kinderwagen, einen Traum aus Bio- und Schafswolle, gekauft haben, um dann festzustellen, dass der Sohnemann kein „Autotyp“ ist, vielmehr der Tragetyp. Also ging es halt auf zwei Beinen und mit Tragetuch weiter, statt auf vier schicken und sicher verdammt teuren Rädern. Können Sie die Leichtigkeit spüren?

Oder, indem sie sehr intime Einblicke in weniger angenehme Momente ihres Mama-Daseins gibt, zum Beispiel in die sehr schwierige und nervenaufreibende Geburt ihres Sohnes. Wer dieses Buch gelesen hat, weiß: Julia Dibbern mag es natürlich, vor allem die Geburt eines Kindes sollte in ihren Augen so natürlich wie möglich ablaufen. Bei ihrem Sohn hat das nicht geklappt, eine Katastrophe für jede Mutter. Aber auch durch solche großen Katastrophen begleitet sie den Leser hindurch und gibt Antworten auf jede noch so quälende Frage.
Expertenwissen: Julia Dibbern weiß vieles, weil sie selbst Mama ist. Einen besseren Experten als sie gibt es also nicht. Dennoch hat sie sich in ihrem Buch viel Verstärkung geholt, seien es andere Mütter und Väter, Freunde von ihr, Ärzte oder Experten eines bestimmten Fachgebietes, was das Buch umso spannender macht.

…Informationsmaterial mit Mehrwert

Immer wieder stößt der Leser zwischen den Seiten auf kleine und große Infokästen mit spannenden Interviews oder zusätzlichen Informationen. Auf Seite 170 erfahren Mama und Papa zum Beispiel, wie man sein Baby möglichst entspannt in den Schlaf atmen kann: „Einatmen. Ausatmen. Langweilig sein. Einatmen. Ausatmen“. Oder der Schlafforscher James McKenna erklärt, warum die häufige Wunschvorstellung von einem durchschlafenden Säugling völlig an der Natur des Menschenbabys vorbeigeht und weshalb das sogar ganz prima für Mama und Kind ist.

Ein Mehrwert entsteht auch durch die Gliederung des Buches in Bausteine und durch häufiges Aufzählen in Stichpunkten. Das lockert auf und ermöglicht ein gezieltes Nachblättern, falls es für Eltern zwischen Schnuller und Babybrei mal schnell gehen muss.

…ihre Wertfreiheit

Julia Dibbern wertet nicht. Sie lässt bei jedem Thema, auch wenn sie ihre Meinung deutlich kundtut, eine Türe offen. Verunsicherte Eltern können dank ihres Buches aus dem Vollen schöpfen und für sich einen ganz eigenen Weg, das ganz eigene Familienkunstwerk, finden. Ich könnte nun noch einige Punkte aufführen, aber das Lesen sollte auch immer noch eine Vorfreude auf das Geheimnis enthalten, was man gleich entschlüsseln wird. Eines kann ich abschließend sagen: Ich kann das Buch wärmstens empfehlen und ich finde keinen Haken! Es sei denn, man mag keine Lachfältchen, die man dann mühsam mit Gurkenmaske behandeln müsste.

von Lorene Friedrich

Buchautorin Julia Dibbern

Über die Buchautorin: Julia Dibbern

ausgebildete Fachjournalistin und Nachhaltigkeitsjournalistin, übersetzt auch Artikel oder Bücher, ursprünglich studierte sie Architektur und ist Dipl.-Ing. (TU).

Ihre Interessen sind – mit wechselndem Schwerpunkt:

  • Nachhaltigkeit
  • Familie & Bildung