Good enough parents © Domenik SchusterEin persönlicher Film über Bindung, Bedürfnisse und Erziehungsmythen

Was brauchen Kinder wirklich? Dieser Kernfrage geht der Film nach und hinterfragt alte Glaubenssätze und Mythen – sogenannte Ammenmärchen. Der Regisseur, Domenik Schuster, geht auf Spurensuche: zurück in die eigene Kindheit, um nachzuspüren, zu verstehen. Er erzählt in Form eines Reiseberichts durch die Brille eines jungen Vaters aus seinen Kindheitstagen. Dabei gelingt es ihm anhand von altem Bildmaterial einen tiefen, nachdenklichen und sehr persönlichen Einblick in sein frühes Erleben als Kleinkind zu vermitteln.

Sein Bericht zeigt auch, welch ein Balanceakt Elternschaft ist. Eltern pendeln zwischen Intuition, Zweifeln und eigenen Ansprüchen und unterliegen modernen wie traditionellen Irrtümern. Die dabei aufkommenden Gefühle, das Verantwortungsbewusstsein und in-den-Kontakt-mit-dem-eigenen-Erleben-kommen, machen die Erziehung nicht einfacher, zumal vor dem Hintergrund verbreiteter Glaubenssätze wie „nur nicht verwöhnen“ und „Schreien stärkt die Lungen“.

Ein Mut machender Film, der zeigt mit dem nötigen Selbstbewusstsein und dem Vertrauen auf die eigene Intuition haben Mütter und Väter die Chance, sich einerseits auf die kindlichen Bedürfnisse einzulassen, aber auch die eigenen Bedürfnisse abzuwägen und so je nach der Situation Prioritäten zu setzen.

Würdevoll wachsen

An wichtigen Themen wird sichtbar, wie schwierig es für junge Eltern ist, mit dem Kind auf Augenhöhe zu gehen und seine Perspektive einzunehmen:

Welchen Wert hat das allein Einschlafen.
Was macht Kindern Stress.
Wann findet Gewalt mit Kindern statt.
Was braucht dieses Kind jetzt.
Wer trägt die Verantwortung für die Auswirkung von nicht erfüllten Bedürfnissen.
Was ist der natürliche Rahmen von Familie.

Statt zu wissen, fühlen kleine Kinder

Psychologen, Therapeuten, Neurophysiologen und andere Experten wissen, dass Kinder vor allem in ihrer ersten Lebensphase auf die verlässlich schützende Nähe zu vertrauten Personen angewiesen sind. Und so begegnet Domenik Schuster auf seiner Reise durch die Kindheit u.a. den Pionieren der deutschen Bindungsforschung, Karin und Klaus Grossmann. Klaus Grossmann beschreibt die Bindungstheorie wie folgt: „Die Bindungstheorie ist eine Theorie, die davon ausgeht,

ich schau aus der Interessenlage des Kindes, um zu verhindern, dass es eine Fehlentwicklung durchläuft.“

Anschaulich wird dies bei der Vorstellung an ein frustriertes weinendes Kind. Wie reagieren wir darauf? Bleibt es mit seinem Kummer, Ärger allein oder hört es die Stimme der Mutter / des Vaters, die ihm mitteilt, dass sie oder er gleich zu ihm kommt und sich kümmert? „Ob das Äußern eine positive Konsequenz für das Kind hat, lernen Kinder von Anfang an“, wie Karin Grossmann betont und sie fügt hinzu: „Auf das Weinen nicht zu reagieren ist für kleine Kinder ein riesiges Problem, denn: Werde ich verlassen, muss ich sterben“. Karin Grossmann resümiert, dass das gesellschaftliche Bild zurechtgerückt und die Idee erweckt werden muss, es könnte auch anders sein und sie ergänzt:

„Feinfühligkeit heißt, ich fühle mit dem Kind, was ich ihm zumuten kann und was es annehmen kann und die Offenheit für das, was das Kind einem mitteilen will.“

Good enough parents

Good enough parents 2 © Domenik SchusterEin deutschsprachiger Film, der Eltern dort abholt, wo sie sind und der davon ausgeht, dass Eltern nicht perfekt sind. Sie müssen das auch überhaupt nicht sein und sollten sich das auch nicht einreden lassen von den vielen Erziehungs-, Entwicklungs- und Bildungsrezepten auf dem Beratungsmarkt. Um Eltern zu sein, reicht es authentisch zu sein.

Good enough parents weitet den Blick, macht sensibel aufmerksam, bringt Zuschauer und Zuschauerinnen ins Nachdenken, stimmt versöhnlich und kommt unterhaltsam daher. Ein Film in dem Domenik Schuster zu einem Gedankenspiel einlädt: „Wenn ich als der Erwachsene, der ich heute bin, dem Kind gegenübertrete, das ich damals war, wie würde dieses Treffen wohl aussehen?“

Schauen Sie selbst und schreiben Sie einen Kommentar an: info@fuerkinder.org

von Redaktion fürKinder

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