Spiegelung - Foto iStock © Antonio_DiazEin wesentliches Element für eine positive Entwicklung eines Kindes ist die Spiegelung – die Fähigkeit der Eltern, die Reaktionsweisen des Kindes, seine Gefühle und Wahrnehmungen zu erkennen und sie ihm verbal und nonverbal zu vermitteln.

Diese Spiegelung ermöglicht es dem Kind, seine eigenen Emotionen zu verstehen, was essenziell für den Aufbau eines gesunden Selbstwertgefühls ist. Ein Beispiel aus dem Alltag:

Ein Kind ist traurig, weil sein Spielzeug zerbrochen ist. Eine einfühlende Reaktion, die die Empfindungen des Kindes angemessen spiegelt, könnte darin bestehen, das Kind in den Arm zu nehmen und zu trösten, mit Worten wie:

„Ich sehe, dass du traurig bist. Ich kann mir vorstellen, dass dir das weh tut, wenn etwas kaputtgeht, das einem wichtig ist.“

Diese Reaktion spiegelt die Gefühle des Kindes, gibt ihm Sicherheit und zeigt ihm, dass seine Wahrnehmung berechtigt ist.

Nicht einfühlsam dagegen und eine mangelhafte Spiegelung wäre, dem Kind seine Traurigkeit auszureden: „Das ist doch nur ein Spielzeug, das macht doch nichts!“ Solche Aussagen können das Kind verwirren: Soll es seiner eigenen Wahrnehmung vertrauen, dass der Verlust wehtut, oder der Aussage der Mutter, dass dies nicht so sein sollte? Eine solche emotionale Verwirrung – auch als „Emotion Verführung“ genannt – kann das Selbstwertgefühl des Kindes nachhaltig beeinträchtigen und sich bis ins Erwachsenenalter hineinziehen.

Die Folgen fehlender Spiegelung

Fehlt diese Spiegelung oder wird das Kind häufig überfordert, etwa indem es Entscheidungen treffen oder Verantwortung übernehmen soll, denen es noch nicht gewachsen ist, wird es sich emotional verlassen fühlen. Das Kind fühlt sich dann nicht gesehen, nicht verstanden und damit auch nicht geliebt. Eine solche Erfahrung erschwert es, ein stabiles inneres Vertrauen aufzubauen – in sich selbst, in andere Menschen und in die Welt.

Spiegelung ist nicht gleich Bedürfnisbefriedigung

Empathie, Einfühlung und Spiegelung bedeuten jedoch nicht, dem Kind sämtliche Bedürfnisse sofort zu erfüllen oder es übermäßig zu bestätigen. Es geht vielmehr darum, dem Kind zu zeigen, dass seine Gefühle wahrgenommen und ernst genommen werden, während gleichzeitig liebevoll Grenzen gesetzt werden. Diese Balance stärkt das Vertrauen des Kindes in seine Bezugspersonen – und in schwierigen Situationen weiß es, dass es sich auf sie verlassen kann.

Spiegelung als Basis für Resilienz

Spiegelung ist somit nicht nur ein Ausdruck von Liebe, sondern auch ein entscheidender Baustein für die Resilienz eines Kindes. Sie fördert die Fähigkeit, Herausforderungen zu meistern, und stärkt das Vertrauen in die eigene Fähigkeit des Kindes, Emotionen regulieren zu können.

Die wertvollste Botschaft an ein Kind

„Ich werde gesehen, verstanden und bin wichtig.“

Was könnte man einem Kind Wertvolleres mit auf den Weg geben als diese Botschaft? Sie vermittelt: „Ich bin wichtig – auch, wenn ich nicht immer alles bekomme, was ich will.“

von Bärbel Wardetzki

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