window.dataLayer = window.dataLayer || []; function gtag(){dataLayer.push(arguments);} gtag('js', new Date()); gtag('config', 'UA-140937315-1');
loader image
Elternliebe Module2023-04-29T13:46:13+02:00

Elternliebe

Elternliebe & Bindung – worum geht es dabei?

Die Grundlage der Liebe zu ihrem Kind ist für Mütter und Väter die gleiche. Sie basiert auf Einfühlungsvermögen, d. h. der Fähigkeit die emotionalen Bedürfnisse des Kindes zu verstehen und auf Fürsorge, d. h. der Fähigkeit sich um das Kind zu kümmern.“ Dr. Anna Machin, evolutionäre Anthropologin an der Universität Oxford

Die Fürsorgearbeit von Mama und Papa

Die Bindung zwischen einer Mutter und ihrem Baby ist eine exklusive Bindung. Sie ist die Grundlage für das kindliche Gefühlsleben, die Bindungs- und Liebesfähigkeit des Kindes. Wobei die Phase der Hauptbindung an die Mutter 12 bis 18 Monate entsprechend dem kindlichen Entwicklungsstand andauert. Mutter und Kind binden sich bereits in der Schwangerschaft. Nach der Geburt leben beide in einer Anpassungszeit des gegenseitigen Kennenlernens, wobei das Kind nicht weiß, dass es und seine Mutter getrennte Personen sind.

Erst wenn ein Kind sich selbstständig fortbewegt durch robben, krabbeln und laufen, spürt es immer mehr, dass sein Körper und der Körper seiner Mutter getrennt sind. Die Symbiose zwischen Mutter und Kind löst sich allmählich auf. Je mehr es zwischen vertraut und fremd wahrnimmt, umso deutlicher zeigt es sein Bindungsbedürfnis: Es klammert sich an die Mutter und will nur noch von ihr versorgt werden. Es versucht damit, die Einheit mit der Mutter wieder herzustellen, denn es fühlt sich ohne sie allein und verlassen.

„Während der ersten Monate menschlichen Lebens müssen Mutter und Neugeborenes sich in einer Weise kennenlernen, welche das physische Einssein im Mutterleib durch psychisches Einssein ersetzt, ein Einssein, das für das Leben außerhalb des Mutterleibs so wesentlich ist wie das biologische Einssein für das Leben darin.“ Louise Kaplan, Psychologin (1929-2012)

Wenn das Kind aus dem Prozess des Eins-Seins, seine Eigenständigkeit und die erkenntnismäßige Trennung von der Mutter begriffen hat – es sagt dann ICH zu sich selbst und nennt sich nicht mehr beim Vornamen – kann es die Abwesenheit der Mutter besser ertragen und sich auf den Vater und weitere Bindungspersonen einlassen.

Gemessen an diesen kindlichen Bedürfnissen braucht das Neugeborene und der Säugling eine mütterliche 1:1 Betreuung. So lange Kinder in einem allumfassenden „ozeanischen Gefühl“ leben, fühlen sie sich auch beim Vater wohl. Je instinktiver dem kleinen Kind die Nichtanwesenheit der Mutter bewusst wird, gelingt es dem Vater zunächst nur sein Baby zu pflegen und zu umsorgen, wenn das Baby sich sicher gebunden fühlt.

Jedes Elternteil hat wichtige, einzigartige Fähigkeiten

Besonders am Anfang des Lebens, aber auch bei Wachstumsschüben, Zahnen oder der Selbstständigkeitsentwicklung des Kindes gibt es häufig Momente, in denen Eltern viel Gelassenheit und Geduld brauchen. Da Väter aufgrund ihrer besonderen Gehirnstruktur eine stärkere Ichbezogenheit haben, sehen sie grundsätzlich Probleme mit Kindern gelassener. Sie bedenken den ganzen Umfang der Probleme nicht sofort, was Frauen eher können und auch tun. Hier wirkt die Fähigkeit der Männer, sich an die aktuellen Fakten zu halten und die der Frauen, fehlende Informationen durch Interpretationen zu füllen; sie haben dadurch auch mögliche Gefahren im Blick.

Mütterliches Verhalten Gerade in der frühen Familienphase steuert zusätzlich die Neurochemie bei der Mutter ein verantwortungsvolles Verhalten. Hormone wie Oxytocin und Dopamin fördern den mütterlichen Zuwendungsantrieb. So sorgt Prolaktin vermutlich für eine Übereinstimmung der Schlafzyklen und Gehirnwellenmuster (Intern. Childbirth Education Association 1969).

  • Mütter wollen wissen, wie ihr Baby in einer fremden Situation reagiert. Und wie das Baby sich verhält, wenn es mit der Mutter wieder zusammenkommt. (siehe auch das Still-Face-Experiment)
  • Schlafen Mütter mit ihren Kindern zusammen, so stellt sich eine Harmonie der Schlafzyklen ein. Mütter berichten, dass sie ungefähr 30 Sekunden bevor ihr Kind unruhig wird, aus einem leichten Schlaf aufwachen. Folglich sind sie schon bereit, wenn das Baby die Brust zu suchen beginnt.
  • Beim Stillen erhöht sich der Prolaktinspiegel im mütterlichen Blut und je häufiger sie Ihr Kind anlegt, umso mehr Prolaktin produziert sie. Das wiederum hilft ihr mütterliche Fähigkeiten, wie Feinfühligkeit zu entwickeln und zu verbessern.

Väterliches Verhalten Vätern fehlt der mütterliche hormonelle Vorsprung. Für sie ist die frühe Fürsorgearbeit mit dem Baby ein Lernprozess. Erst über die Beschäftigung mit dem Baby wird die Freisetzung von Testosteron heruntergefahren; sie ermöglicht, dass auch beim Vater Oxytocin ausgeschüttet wird, welches empathisches Verhalten ermöglicht.

Dazu müssen bestimmte Voraussetzungen vorhanden sein, denn die Hirnchemie ist nicht willentlich beeinflussbar; das heißt, nicht jedem gewillten Vater gelingt das in jeder Situation. Hat der Vater z. B. die Möglichkeit fürsorglich und empathisch auf das schreiende Baby einzugehen und erlebt er, dass er mit seinen Trostbemühungen erfolgreich ist, führt das zu einem Absinken der Freisetzung von Testosteron. Kann er allerdings nichts gegen das Schreien unternehmen, steigt sein Testosterongehalt und die Empathiefähigkeit sinkt, so dass seine Fähigkeit, die kindlichen Signale zu deuten, verringert wird. Männer könnten demnach in einem Alltag, in dem sie Herausforderungen und Unsicherheiten ausgesetzt sind und sich behaupten müssen, aufgrund ihrer Testosteron-Freisetzung eine Hirnaktivität haben, die der feinfühligen und empathischen Fürsorge entgegensteht.

Empathisches Verhalten gelingt Frauen in solchen Situationen eher, da ihre Hirnchemie dies in der Regel nicht durch Testosteron verhindert. Allerdings kann ein hoch aktives Stresssystem bei der Mutter ebenfalls ihre Empathiefähigkeit einschränken, weil Stress den Oxytocinspiegel senkt.

Väter haben ihren eigenen Zugang zum Kind

Einem Vater fällt es schwerer in der vorsprachlichen Zeit, die Signale des Kindes zu verstehen. Er fühlt sich sicherer, wenn Kinder ihre Bedürfnisse sprachlich anbringen können. Eine direkt auf die geschlechtsspezifische Gehirnstruktur basierende besondere Fähigkeit der Mutter verschafft ihr einen Vorteil gegenüber dem Vater beim Umgang mit dem vorsprachlichen Kind. Die dichteren Verbindungen zwischen beiden Gehirnhälften ermöglichen ihr eine bessere Interpretation des Verhaltens des Kleinstkindes. Das gelingt der Frau auch durch die stärkere linkshemisphärische Benutzung des Gehirns; denn die mit den sprachlichen Fähigkeiten besonders gut ausgestattete linke Hemphisphäre unterliegt einem „Interpretationszwang“; sie sucht für das, was geschieht, immer Erklärungen. So können Mütter eher die Signale des Kindes interpretieren, wodurch der Umgang mit den Kindern einfacher ist.

Die wissenschaftliche Vaterforschung bestätigt das Verhalten von Vätern, das sich aus der beschriebenen geschlechtsspezifischen Denk- und Wahrnehmungsweise ergibt:

Die andere Bedeutung des Vaters für die Entwicklung des Kindes liegt in der anderen Art des Umgangs mit dem Kind. Väter gehen schon mit sehr kleinen Kindern anders um als Mütter.

Vaterliebe Sie imitieren das Kind häufiger und geben mehr visuelle und akustische Stimulation. Der Körperkontakt ist anders, distanzierter und aufregender. Väter werfen ihr Kind gern hoch in die Luft, machen Späße, toben mit den Kindern herum und machen waghalsige laute und schnelle Spielchen. Dabei werden vermehrt Beta-Endorphine, Oxytocin und Dopamin für Kind und Vater ausgeschüttet.

Bei allem was Väter mit ihren Kindern machen, gehen sie spielerischer, motorisch- und körperbetonter mit dem Kind um als Mütter. Sie unterstützen damit das entwicklungsfördernde Erkundungsverhalten ihres Kindes. Dies intensiviert die Bindung an den Vater und fördert das positive Selbstwirksamkeitsgefühl beim Kind.

Die Spielfreude des Vaters versetzt Berge

Mit dem Laufenlernen kommt das Kind in die Phase der „Liebesaffaire mit der Welt“, die durch den impulsgesteuerten Erkundungs-, Spiel- und Nachahmungsantrieb zu einem starken Entwicklungsschub führt, der die Erkenntnis des Getrenntseins von der Mutter vorantreibt. Mit seiner größeren Spielfreude kann der Vater dieses Verstehen beim Kind unterstützen und damit gleichzeitig seine Bindung an das Kind stärken.

Alle bisherigen Studienergebnisse legen nahe, dass über die Spieltätigkeit und die Förderung der Erkundung des Kindes sich die Bindung zwischen Vater und Kind in erster Linie entwickelt.

Vaterbindung Im Laufe des zweiten Lebensjahres nehmen die Spielaktivitäten natürlicherweise durch die Bewegungslust des Kindes zu, so dass die Bindung an den Vater in dieser Zeit intensiviert wird.

Mehrere Forscher betonen, dass die Identifikation mit dem Vater im zweiten Lebensjahr beginnt. Zwischen anderthalb und zwei Jahren kommt mit den Fortschritten in der Entwicklung und den Eroberungen im Bereich der Bewegung und der Sprache dem Vater diese besondere Rolle zu. Wenn das Kind sich vertrauensvoll der Umwelt zuwendet, die mit viel Neuem und Interessantem lockt, die aber auch ungewiss und ängstigend erscheint, wird der Vater durch seine Begleitung der kindlichen Aktivitäten zur sicherheitgebenden Basis.

Gut zu wissen: Die Spiel- und Spaßaktionen, die der Vater schon mit dem Säugling betreibt, sind die Vorläufer für dieses Sicherheitsgefühl in Gegenwart des Vaters. Grossmann et. al. weisen nach, dass insbesondere die feinfühlige und vorsichtig herausfordernde Art der Beziehungsgestaltung des Vaters beim Spiel die Autonomieentwicklung des Kindes fördert.

Vaterverhalten Im weiteren Verlauf der Entwicklung lernt das Kind durch dieses väterliche Verhalten, die Anforderungen aus der Umwelt zu bewältigen. Dies geschieht, indem Väter ihre Söhne und Töchter an ihren Tätigkeiten teilhaben lassen, Interesse wecken, neue Fertigkeiten beibringen, auf Disziplin achten. Mädchen unterstützen sie zusätzlich, wenn sie auf mädchenhaftes Verhalten positiv reagieren und im Kontakt mit ihnen mehr Nähe und Emotionalität zulassen. Über die Teilhabe an väterlichen Aktivitäten fördern sie darüber hinaus bei ihren Töchtern Ehrgeiz, Selbstständigkeit und Vertrauen in die eigenen Kompetenzen .

Väterliches Lernen und kindliches Erfahrungswissen bedingen einander

Je häufiger Väter sich bei der Pflege und Betreuung ihres Kindes einbringen, sie Zeit mit ihm verbringen und je feinfühliger es ihnen gelingt, das Baby zu trösten und zu beruhigen, lernt auch das Kind, sich sicher und geborgen bei ihm zu fühlen. In der Folge wird auch er vom Kind aufgesucht, wenn das Kind Trost und Fürsorge braucht.

Das Baby beruhigenBindung entdecken - Vaterliebe Foto © Kerstin Pukall

Dr. W. Sears, Kinderarzt, beschreibt eine ganz spezielle Beruhigungsmethode:

  • halten Sie Ihr Baby nah an Ihrem Körper,
  • sein Kopf schmiegt sich dabei unter Ihr Kinn und liegt an Ihrem Kehlkopf,
  • jetzt hört es Ihre Stimme, Ihr Singen oder Summen auch durch die Vibration seiner Schädelknochen,
  • Ihr Baby beruhigt sich auf wundersamer Weise durch die langsameren, tieferen Schwingungen der männlichen Stimme,
  • dabei genießt Ihr Baby Ihren Atem wie ein sanftes warmes Streicheln auf seiner Kopfhaut.

Aktuelle Studien

Paternal stimulation and father-infant attachment, Olsavsky AL, Berrigan MN, Schoppe-Sullivan SJ, Brown GL & Kamp Dush CM (2019), Attachment & Human Development, 15.05.2019

Die Studie wurde in den USA durchgeführt und umfasste eine kleine Stichprobe von 58 Vätern mit ihren Kleinkindern und war demographisch gesehen recht eng gefasst. Hier eine zusammenfassende deutsche Übersetzung in dem Beitrag: Spielend eine sichere Vater-Kind-Bindung aufbauen

Mothers’ and Fathers’ Work Hours, Child Gender and Behavior in Middle Childhood Sarah Johnson et al., Journal of Marriage and Family, 2013, 75: 56-74.
Hier eine zusammenfassende deutsche Übersetzung in dem Beitrag: Väter – Zeit für Kinder

Der Baustein „Elternliebe“ ist in Zusammenarbeit mit Dr. phil. Erika Butzmann, Erziehungswissenschaftlerin, Promotion zur sozial-kognitiven Entwicklung im Kindesalter, entstanden.

[1] Kaplan, L.: Die zweite Geburt – Die ersten Lebensjahre des Kindes, München: Piper, 1983, S. 44, 1987, S. 140.

[2] Freud, S.: Das Unbehagen in der Kultur, Wien: Internationaler psychoanalytischer Verlag, 1930, S. 5 ff.

[3] Sears, William: Schlafen und Wachen, La Leche Liga Schweiz, 2005, S. 31.

[4] Strüber, N.: Die erste Bindung – Wie Eltern die Entwicklung des kindlichen Gehirns prägen, Stuttgart: Klett-Cotta, 2016, S. 206 ff, S.217.

[5] Roth, G.: Fühlen, Denken, Handeln – Wie das Gehirn unser Verhalten steuert, Frankfurt: Suhrkamp, 2001, S. 371.

[6] Gazzaniga, M.S.: Rechtes und linkes Gehirn – Split-Brain und Bewusstsein, Spektrum der Wissenschaft Digest Rätsel Gehirn 3, 2002, S. 28-33.

[7] Camus, J.: Väter – Die Bedeutung des Vaters für die psychische Entwicklung des Kindes, Weinheim: Beltz, 2001, S. 141 f.

[8] Kindler, H.: Väter und Kinder – Langzeitstudien über väterliche Fürsorge und sozioemotionale Entwicklung von Kindern. Weinheim: Juventa, 2002.

[9] Seiffge-Krenke, I.: Väter und Söhne, Väter und Töchter, Forum Psychoanalyse 17,51-63, 2001.

Seiffge-Krenke, I.: Gut, dass sie anders sind! Psychlogie heute 3, 2004, S. 26-27.

[10] Grossmann, K., Grossmann, K.E.: Die psychische Sicherheit in Bindungsbeziehungen, Familiendynamik 33, 2008, S. 231-259.

[11] Grossmann, K., Grossmann, K.E., Fremmer-Bombik, E., Kindler, H., Scheuerer-Englisch, H. & Zimmermann, P.; The uniqueness of the child-father attachment relationship: Fathers‘ sensitive and challenging play as the pivotal variable in a 16-year longitudinal study, Social Development, 11, 2002, S. 307-331.

[12] Ayerle, N.: Eine besondere Beziehung, Gehirn&Geist 1, 38-41, 2022, S. 38.

Magazin für uns Ausgabe: angenommen

Als Printmagazin und als Download – aus dem Inhalt:

  • Frühe Kindheit: Beziehungsvolle Pflege für Klein und Groß
  • Vater werden: Lektionen des Lebens auf dem Weg, ein Vater zu werden

# Elternsein – Was werdende und frischgebackene Eltern wissen sollten

„Eltern sind nicht alleine. Die Natur macht das seit Menschengedenken und braucht nur eine helfende Hand.“ Dieses Zitat von Gordon Neufeld begleitet Luise Fuchs (Hebamme, Neufeld-Kursleiterin) und Simona Zäh (systemische Familienberaterin, Lehrerin) durch die Serie, in der sie sich die drei Bausteine der natürlichen Entwicklung „Bindung, Emotionen und Spiel“ aus der Perspektive des bindungsbasierten Entwicklungsansatzes des Neufeld Institutes anschauen.

Nach oben